Im ausverkauften Hanappistadion – nein, es war doch ‘nur’ das Theater an der Wien – traf sich die Fangemeinde von Wien Modern zum Eröffnungskonzert.
Armin Thurnherr, ein beständiger Besucher in Konzerten zeitgenössischer Musik, sprach vom Stachel im Fleisch um zwischen Gemütlichkeit und Brachialität für die Fragen unserer Zeit wach zu bleiben. Der Kulturstadtrat kam wohl für seiner Rede zu spät?
So wie vielleicht nicht gerade Mailath-Pokorny, aber die Politik oft für die Moderne zu spät kommt.
Eigentlich wäre für die Eröffnung des heurige Festivals, das ja immer neue Spielorte sucht, das Gartenbaukino der beste Raum gewesen. Denn Olga Neuwirth ließ ihre Musik von Visuals moderieren und begleiten.
Marino Formentis Hände griffen auf der großen Leinwand in die Tasten eines zugleich computergesteuerten Klaviers.
Die große Hommage an Klaus Nomi (Countertenor: Andrew Watts!) ließ weniger Assoziationen mit lässigem New Yorker Pop der 1970er Jahre, als einem Science-Ficton Film aus dem Berlin der 1920er aufkommen, geleitet vom hochpräzisen musikalischen Part.
Olga Neuwirth (*1968 in Graz), die schon 1997 den jährlich im Rahmen von Wien Modern vergeben Erste Bank Kompositionspreis verliehen bekam, gilt dieses Jahr die Personale.
2010 erhielt sie im übrigen den großen Österreichischen Staatspreis für Musik als erste Frau (!) und als jüngste Preisträgerin.
Neuwirth liebt das Unheimliche, Verstörende, Groteske, Verzerrte, Ironie und Nonsens. In einer Zeit, in der scheinbar alles möglich ist, kämpft sie wie viele Künstler mit Konsequenz und Kompromisslosigkeit darum sich selbst zu finden.
Sie sucht in den Peripherien Entgrenzungen – und das sehr erfolgreich.
Von Olga Neuwirth im weiteren zu hören: Film/Musik-Projekte (4.11., 6.11.), Musik nach Textfragmenten von Paul Auster (8.11.) sowie gemeinsam mit Stücken anderer Komponisten: 24.10., 25.10., 5.11., 9.11.2012.
Ihre beiden heuer in Mannheim und Berlin uraufgeführten Opern ‘The Outcast’ und ‘American Lulu’ gibt es erst einmal in Wien nicht zu hören und auch das Opernprojekt mit Elfriede Jelinek wollte noch niemand realisieren – fehlt da Wien das Haus für zeitgenössisches Musiktheater?
2012 wird Beat Furrer (*1954 in Schaffhausen), der seit 1975 in Wien lebt und wesentlicher Teil der Musikszene ist, mit dem Kompositionspreis ausgezeichnet.
Er ist Mitbegründer des Klangforums Wien, das auch das tragendes Ensemble des Festivals ist (Eröffnungskonzert!).
Dieses spielt das ausgezeichnete Werke ‘ira – arca’ für Bassflöte und Kontrabass sowie drei ältere Stücke im ‘Stammhaus’ von Wien Modern, im Konzerthaus (3.11., 18:30h)
John Cage ist u.a. im Musikverein (28.10.) und in der Alten Schmiede (3.11.) zu hören.
Zur Koproduktion mit dem Tanzquartier kann man bekannte Herren nennen: Italo Calvino, Arturo Fuentes, Chris Haring, Günter Brus. (31.10-3.11.)
Im Kabelwerk dauert die Nacht des 25.10. mit Elektronik, Improvisation und Ensemblemusik bis zum Frühstück.
Desweiteren finden universitären Symposien und Künstlergespräche statt und im Begleitbuch ‘#25’ gibt’s viel zu lesen und auch sonst noch viel, viel mehr.
Das Festival Wien Modern wurde 1988 von Lothar Knessl und Claudio Abbado gegründet und Wien drum herum zu einer Hauptstadt der Musik, die in den letzten 50 Jahren komponiert wurde.
Wir haben immer wieder die Ehre bei Uraufführungen dabei zu sein und die Freude nicht nur die MusikerInnen, sondern auch die KomponistInnen am Podium zu beklatschen und zu feiern.
Aber nicht, dass jetzt alle kommen und ich keinen Sitzplatz mehr finde!
Wien Modern
22. Oktober bis 16. November 2012
http://www.wienmodern.at/
Generalpass: 84.- (Jugendliche 56.-) Euro
Die Einzelkarten kosten meist 18.- oder 20.- Euro, es gibt zahlreiche Ermässigungen!
Bei einige Veranstaltungen ist der Eintritt frei.