Kathleen Ryan: Bacchante im Theseustempel
Wir lieben den Theseustempel im Volksgarten, quasi grundsätzlich. Und seit 2012 noch viel mehr! Seit damals bespielt ihn nämlich das Kunsthistorische Museum Wien mit Interventionen von Gegenwartskünstlern. Jeden Sommer neu …
Ein Tempel für die Kunst in einem schönen Garten, ein antiker Raum für ein Objekt moderner Kunst. Herz, was willst du mehr!
Das Kunsthistorische Museum Wien hat diese herrlichen Synergieeffekte zwischen Raum, Zeit und Werk erkannt und stellt den Innenraum des klassizistischen Tempels zeitgenössischen Künstlern zur Verfügung:
Theseustempel goes Contemporary
- 2012 Ugo Rondinone: wisdom? peace? blank? all of this?
Kris Martin: Festum II - 2013 Richard Wright: Modern & Contemporary
- 2014 Edmund de Waal: Lichtzwang
- 2015 Susan Philipsz: War Damaged Musical Instruments (Pair)
- 2016 Ron Mueck: Man In A Boat
- 2017 Kathleen Ryan: Bacchante
Theseus
Das Gebäude mitten im Burggarten wurde 1819 bis 1923 errichtet und ist zum letzten Mal 2012 renoviert worden. Der Hofarchitekt Pietro Nobile schuf es ursprünglich als Präsentationsort für Antonio Canovas monumentale Gruppe „Theseus erschlägt den Kentauren“. Das Werk befand sich auch einige Jahrzehnte ebendort bevor es 1890 ins Kunsthistorische Museum übersiedelte.
Heute wird auf den Stufen des Tempels auch „gechillt“, hinter den Säulen geküsst und davor der eine oder andere Selfie geschossen. Der Tempel ist nicht nur für Touristen ein Magnet. „Treffen wir uns beim Theseustempel!“, hat man selbst schon oft gesagt …
Bacchus
Nun also bespielt die heilige Halle eine amerikanische Bildhauerin mit ihrer allerersten Museumspräsentation. Neben Bildhauerei hat die Künstlerin auch Archäologie studiert – passt irgendwie. Sie nennt die aktuelle Auftragsarbeit “ Bacchante“. Als „Bacchantinnen“ bezeichnet man die Teilnehmerinnen an orgiastischen Festen zu Ehren des Gottes Bacchus. Diese Frauen wurden meist unbeschreiblich weiblich, kaum bekleidet abgebildet und mit Trauben in den Hand abgebildet.
Kathleen Ryan: Bacchante
Ryan spielt mit Materialien und Größen. Ihre gigantischen Trauben sind aus Gussbeton, allerdings so auf Hochglanz poliert, dass man sie unbedingt berühren möchte. Eine rostfreie Rohstahlkette hält alles zusammen – und fest. Die Trauben ergießen sich auf vier Objekte aus Terrakotta, alles gebettet auf einer steinernen „Matratze“ (dunkelgrauer Granit aus einem Salzburgischen Steinbruch).
Das Objekt beeindruckt, ist ein ganz und gar sinnliches Vergnügen. Durch die Positionierung beinahe mittig im Raum wird es von allen Seiten erfahrbar. Inspiriert wurde die Künstlerin durch das Gemälde Bacchante with an Ape (1627) von Hendrick ter Brugghen, wie man hört.
Fazit: Man mag die Arbeit „lesen“ wie es einem gefällt: erotisch, provokant, kunsthandwerklich interessant, gefällig, ästhetisch ansprechend, feministisch, … sehenswert ist sie allemal. Und ich würde mich über eine wahre Selfie-Flut auf instagram mit diesem Motiv nicht sehr wundern.
#kathleenryan #theseustempel
„Schaun‘ sie sich das an!“ (Karl Farkas)
Kathleen Ryan: Bacchante
Theseustempel
Volksgarten, 1010 Wien
web: khm.at/besuchen/ausstellungen/kathleen-ryan
Öffnungszeiten: 26. April bis 1. Oktober 2017, täglich 11.00 – 18.00 Uhr
Kurator: Jasper Sharp
Unterstützung: Contemporary Patrons des Kunsthistorischen Museums
Kathleen Ryan
geb. 1984 in Santa Monica, lebt und arbeitet in Los Angeles.
web: www.kathleen-ryan.com
(Beitragsbild (c) Cajetan Jacob)