Meret Oppenheim wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Das Bank Austria Kunstforum widmet der Künstlerin die erste museale Retrospektive in Österreich.
Fragt man Freunde nach ihren Assoziationen zu Meret Oppenheim (1913 – 1985), sagen diese meist Folgendes: „Ah, die Surrealistin mit der Pelztasse!“ Und schon ist in fünf Wörtern dem Drama der Künstlerin Ausdruck verliehen.
Die Autodidaktin, die zeitlebens eigenständig in ihrer künstlerischen Position blieb, brach mit 17 Jahren die Schule ab. Ihr Entschluss Malerin zu werden, führte sie zwanzigjährig nach Paris. Sie gelangte in den Kreis und Sog der Surrealisten rund um André Breton, lauschte den geistigen und künstlerischen Größen der Bewegung und galt auch auf Grund ihrer androgynen Schönheit bald als „Muse“ der Surrealisten – letztlich eine Herabwürdigung. Sie blieb fünf Jahre und entfloh Paris und den Dogmen der Bewegung, beschäftigte sich aber weiterhin mit den Themen Mythen, Träume und Spiele in ihren Arbeiten.
Es folgte eine achtzehn Jahre andauernde Schaffenskrise während der sie zwar ununterbrochen in Basel und Bern arbeitete, aber ihrem Werk und ihrem Selbstwert nicht traute. Sie verdiente ihr Geld als Restaurateurin und mit außergewöhnlichen Entwürfen für Mode, Schmuck und Accessoires, die in der Ausstellung zum Teil zu sehen sind.
Erst 1954 als sie Teil der Schweizer Kunstszene rund um Daniel Spoerri wurde, überwand sie ihr Tief. Sie war mittlerweile verwitwet und bewusst kinderlos geblieben. 1967 widmete ihr das Moderna Museet Stockholm ihre erste Retrospektive, die ihren internationalen Durchbruch bedeutete.
200 Leihgaben aus europäischen Museen und Privatsammlungen zeichnen ein kurzweiliges und repräsentatives Bild dieser eigenwilligen Persönlichkeit zwischen Moderne und Postmoderne. Oppenheim zeigt sich uns in ihren Selbstportraits, in witzigen Installationen und Skulpturen, wir folgen ihr u.a. bei ihrer Beschäftigung mit der Natur: die für sie ungewöhnlich großformatigen Wolken- und Nebelbilder sind bestürzend schön. Sie führt uns in Traumwelten mit ihrer Beschäftigung mit C.G.Jung, der sie als Jugendliche auf Wunsch des Vaters hin analysiert hat. Wir hören sie als Schriftstellerin und betrachten sie mit den Augen Man Rays.
Die Retrospektive präsentiert sich in den vertrauten sechs Räumen in der genau richtigen Dimension, ist hervorragend kuratiert und der Besucher folgt leicht den Kapiteln, in die das nicht kategorisierbare Werk der Künstlerin zusammengefasst wurde. Man braucht etwa 40 Minuten für einen schönen Überblick, will man auch die Dokumentation des NDR sehen, eine Dreiviertelstunde länger.
Eine Schau, die Meret Oppenheim nicht auf eine Surrealistin, ein Feministin oder sonstige Schublade beschränkt, sondern ihrer faszinierenden Persönlichkeit und ihrem offenen Geist gerecht wird.
Man hätte diesen Menschen gern gekannt. Im Kunstforum kann man ihn zumindest erahnen.
Meret Oppenheim. Retrospektive
Bank Austria Kunstforum
Freyung 8, 1010 Wien
Tel.: 01 / 537 33 26
E-mail: office@bankaustria-kunstforum.at
website: www.bankaustria-kunstforum.at
Öffnungszeiten: täglich 10.00 – 19.00 Uhr, Freitag 10.00 – 21.00 Uhr
Eintrittspreis: regulär Euro 9,00; es gibt eine Vielzahl an Ermäßigungsmöglichkeiten! Kinder bis 6 Jahre gratis.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 14. Juli 2013 und wandert danach in den Martin-Gropius-Bau nach Berlin.
Kuratorin: Heike Eipeldauer
Der Katalog ist im Museumsshop und in einigen Buchhaldlungen für Euro 29,00 erwerbbar.
Das umfangreiche Begleitprogramm beinhaltet zum Beispiel einen KuratorInnenführung mit Daniel Spoerri am 16.5.2013 von 17.30 – 18.30 Uhr bei freiem Eintritt, aber mit Anmeldung unter : vermittlung@bankaustria-kunstforum.at.
„Kunst hat keine Geschlechtsmerkmale. Es gibt nur ein Einmaleins … Große Kunst ist immer männlich-weiblich.“ (Meret Oppenheim)
Die Galerie Krinzinger zeigt noch bis zum 5. April 2013 einige kleinformatige Zeichnungen und Tuscheskizzen der Künstlerin, die eine schöne Ergänzung nach der Schau im Kunstforum darstellen.