Glas, nächster Streich: Empire- und Biedermeierzeit.
Das MAK zeigt seit 1. Februar und noch bis zum 17. April 2017 atemberaubend schöne Gläser aus der Sammlung Christian Kuhn kombiniert mit Objekten aus den eigenen Beständen des Museums.
Jetzt ist es ein Ganzes.
Links das Glas der Architekten, rechts Empire und Biedermeier in der Ausstellungshalle des MAK. Filigrane Schönheiten, wohin das Auge reicht: Beinglas, Steinglas, Gläser mit eingeschmolzenen Fäden, geätztes, geschnittenes, geschliffenes Glas, Gläser mit Medaillons und Lasurmalereien. Vielfalt und hohe Handwerkskunst aus der Zeit von 1780 bis 1840. „Glass – Mania“ heißt die Schau intern im Haus, verriet der Direktor Christoph Thun-Hohenstein bei der Presseführung. Sehr treffend.
Rund 360 Exponate umfasst die größte Schau an Gläsern dieser Epochen seit 1922!
Die Ausstellung speist sich etwa zur Hälfte aus den Beständen des Museums, dessen über 600.000 gesammelte Objekte noch nicht einmal vollständig wissenschaftlich erforscht sind. Das hätte ich mir auch nicht gedacht … Die andere Hälfte kommt aus den Beständen der hochkarätigen Sammlung des Privatsammlers Christian Kuhn, also aus einer der fünf größten privaten Sammlungen an Glaskunst der Welt.
Die Ausstellungsarchitektur stammt wieder von Michael Embacher, die historischen Vitrinen sind jene von damals (ergänzt durch neue Bodenplatten aus Schwarzglas). Es ergibt sich ein schöner Kontrast mit den modernen Schaukästen der Ausstellung 1900 bis 1937 und insgesamt eine stimmige Inszenierung. Die einzelnen Vitrinen sind bestimmenden Techniken und Einzelkünstlern gewidmet.
„Das Biedermeier hat vielen Wurzeln der Moderne entwickelt.“
Dieser Ausspruch des Direktors lässt einen Innenhalten. Aus der Zurückgezogenheit der Biedermeier, aus dem Bewahren und Verfeinern, entstand Revolutionäres, Neues. Ein sehr schöner Gedanke, der einen die gezeigten Kunstwerke in ganz anderem Licht betrachten lässt.
Die Gläser von Joseph Mildner (1765 -1808) wurden übrigens damals schon wegen ihres hohen künstlerischen Werts gesammelt und haben diesen Wert monetär ausgedrückt bis heute halten können. Mildner hat im Lauf seines Lebens etwa 400 Gläser herstellen können. Es lohnt sich, auf die Knie zu gehen und seine perfekte Arbeit im Detail zu betrachten. Sowohl was Kreativität, als auch was Präzision betrifft, halten die Arbeiten einer Betrachtung mit der Lupe stand und lassen einen, wenn man sie bloß mit freien Auge betrachtet ,staunen. Die Medaillons sind übrigens nur mit Harz angeklebt, was den Kontakt mit Wasser unmöglich macht und auch UV-Licht tut nicht gut – konservatorisch eine Herausforderung!
Anton Kothgasse (1769 – 1851) hingegen arbeitete serieller, aber nicht minder bemerkenswert, was die kunsthandwerkliche Qualität angeht. Dieser Künstler wird übrigens bis heute massiv gefälscht. Die Fälschungen sind oft nur an kleinen stilistischen Details von Experten erkennbar. Also Vorsicht beim Kauf … Von Kothgasser stammen auch die in einer extra Vitirine ausgestellten „Glasblatteln“ (Kothgasser), die nicht verheimlichen können, dass der Künstler auch akademischer Maler war. Die Tiel eines Lichtschirms waren im Original zusammengefügt und erzählten eine Geschichte.
Handwerklich gesehen am anspruchsvollsten sind wohl Gläser, die mehrere Gestaltungstechniken vereinen. Man beachte die sogenannten „Entfärbten Gläser“. Interessant auch, dass die Glasschneider währen der Arbeit nicht sehen konnten, was sie taten. Besonders aufwendig war die Herstellung, der Steingläser, die Lithyalinen und Agatingläser, die Halbedelsteine imitierten. Der Ausschuss bei der Produktion war beträchtlich! Aus wirtschaftlichen Gründen wurden sie nur etwa sieben Jahre lang produziert. Ich finde sie spektakulär.
Betrachtet man einzelne Objekte losgelöst vom ihrer Entstehungszeit, wird man tatsächlich viel Modernes, ja sogar Abstraktes entdecken: Ein Glas imitiert zum Beispiel die Maserung von Holz, ein anderes ist monochrom türkisblau (siehe Bild unten) und würde beim schnellen Hinschauen durchaus als heutig durchgehen.
Eine Stunde sollte man sich gönnen für die ganze Ausstellungshalle. Denn womöglich dauert es ja wieder 95 Jahre, bis man Glas entsprechend mit einer großen Ausstellung würdigt.
„Schau’n Sie sich das an!“ (Karl Farkas)
Gläser der Empire- und Biedermeierzeit
Aus der Sammlung des MAK und der Glassammlung Christian Kuhn
MAK – Ausstellungshalle
Stubenring 5, 1010 Wien
Tel.:+43 1 711 36 – 0
E – mail: office@MAK.at
web: www.MAK.at
Öffnungszeiten: Di 10.00 – 22.00 Uhr, Mi bis So 10.00 – 18.00 Uhr
Eintritt: regulär Euro 9,90
Jeden Dienstag gilt von 18.00 – 22.00 Uhr: Eintritt frei!
Die Schau läuft seit 1. Februar und noch bis 17. April 2017.
Kurator: Rainald Franz, Kustode MAK – Sammlung Glas und Keramik
Kuratorenführung: 16.3.2017, 17.00 Uhr
Regelmäßige Führungen: jeden Sa um 15.00 Uhr und jeden So um 14.00 Uhr
(Beitragsbild: Gläser der Empire- und Biedermeierzeit im MAK Wien, Foto (c) Mischa Reska)