Ich bin mir sicher, dass jeder mindestens eines der 500 Objekte der Ausstellung
Böse Dinge – Eine Enzyklopädie des Ungeschmacks
im Hofmobiliendepot entweder selbst besitzt oder zumindest jemanden kennt, der … ich sage nur Philip Starck und Alessi !
Aber wir streiten nicht über Geschmack.
Vor allem nicht mehr seit Gustav E. Pazaurek 1909 die „Abteilung der Geschmacksverirrungen“ im Stuttgarter Landesgewerbemuseum eröffnet hat.
Der Mann ging mit Sendungsbewusstsein und dem nötigen wissenschaftlichen Ernst an die Sache heran. Er etablierte vier Fehlerkategorien: Materialfehler, Dekorfehler, Konstruktionsfehler und Kitsch. Selbige werden in der Ausstellung auch mit einem Farbleitsystem kommuniziert und um eine heutige Fehlerkategorie erweitert, die Parameter wie Kinderarbeit, Ressourcenverschwendung, Artenschutz etc. berücksichtigt.
Es lohnt die Objektbeschreibungen zu lesen, denn Pazaurek formulierte Untergruppen wie „Material-Pimpeleien“, „Dekor-Brutalitäten“ oder „Zweckkollisionen“ – sehr amüsant!
Der Spagat zwischen dem historischen Anliegen, den Geschmack der Menschen zu bilden, und dem heutigen entspannten Zugang zum Thema ist gut gelungen.
Auch ist das werte Publikum zu „Bring Dein Ding!“ aufgerufen. Man darf sein böses Objekt ins Museum tragen, dort wird es katalogisiert und in der Ausstellung gezeigt.
Aber Achtung auf die Kriterien!
Maximal 25x25x25 cm groß darf es sein, still, nicht leuchtend, sauber, haltbar, nicht zum Anziehen gedacht und natürlich nicht lebendig.
Bei der Finissage am 6. Juli 2014 werden diese Gegenstände dann am Markt der bösen Dinge verkauft. Der Erlös kommt gar nicht böse dem neunerhaus zugute.
Die Schau ist im ersten Stock und beim Zugang lohnt der Blick in die drei offenen Historismuszimmer, die durchaus eine passende Einstimmung in den schlechten Geschmack bieten – sage nur: Jagdzimmer!
Gleich links gibt es einen sehr schön gemachten Überblick über den Österreichischen und Deutschen Werkbund. Die Schau wurde ja vom Museum der Dinge, dem Werkbundarchiv Berlin zugekauft. Ein Bonmot am Rande: das label „made in germany“ war bei seiner Einführung durch die Briten 1880 nicht als Gütesiegel gedacht, sondern als Warnung vor schlechter Qualität.
Ein schnelles Schmunzeln geht in etwa 20 Minuten, ein tiefer Blick dauert eine Stunde.
Die 500 Objekte verursachen durch die kluge Ausstellungsarchitektur keinerlei Reizüberflutung -fünf davon sind übrigens Schuhe …
Danach verlängert die Suche nach Geschmacklosigkeiten im trauten Heim auf alle Fälle das Vergnügen!
Böse Dinge. Eine Enzyklopädie des Ungeschmacks
Eine Ausstellung des Werkbundarchivs – Museum der Dinge, Berlin
Hofmobiliendepot• Möbel Museum, Wien
Andreasgasse 7, 1070 Wien
Tel.: 01 / 524 33 57
E-mail: info@hofmobiliendepot.at
web: www.hofmobilendepot.at
Öffnungszeiten:
Di bis So 10.00 – 18.00 Uhr
An jedem 4. Donnerstag im Monat bis 20.00 Uhr geöffnet, also am 27.2., 27.3., 24.4., 22.5., 26.6.2014 !
Von 18.00 – 20.00 Uhr Eintritt gegen freie Spende für das neunerhaus.
Zusätzlich ist am 21.4.2014, dem Ostermontag und am 9.6.2014, dem Pfingstmontag geöffnet.
Eintrittspreise: € 8,50 / € 7,50 / € 6,00 (Erwachsene/Studenten bzw. Senioren/Kinder)
KuratorInnen:
Imke Volkers, Renate Flagmeier, Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin und Ilsebill Barta, Markus Laumann, Hofmobiliendepot • Möbel Museum Wien
Ausstellungsdesign: Markus Reuter
Publikation:
Böse Dinge. Eine Enzyklopädie des Ungeschmacks nach Gustav E. Pazaurek. Reihe Schaukasten 3, hrsg. von Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin und Imke Volkers, 2013.
Verkaufspreis: € 15,00