Meine Keine Familie:
keine Besitzstreitigkeiten, alles gehört allen, freie Sexualität, eine große Familie mit vielen Ansprechpartner und Bezugspersonen, die Leidenschaft für die Künste fördernd, eine analytische Selbstdarstellung – klingt zu gut, um wahr zu sein?
War es in diesem Fall auch.
Angesprochen wird hierbei die in den 1970er Jahren von Otto Mühl gegründete Kommune am Friedrichshof.
Paul-Julien Robert arbeitet in einer sehr persönlichen Dokumentation einen Teil seiner Vergangenheit auf, nämlich seine Kindheit in einer der größten und bedeutendsten Kommunen in Europa.
Er wurde in diese Gemeinschaft hineingeboren und zeichnet durch Interviews mit seiner Mutter, mit Wegbegleitern und drei seiner potentiellen Väter ein Bild, wie das Aufwachsen und Leben in einer Kommune empfunden wurde.
So schafft er es, die Ideale anfangs gut und positiv darzustellen, mit der Zeit jedoch die diversen Defizite immer mehr aufzuzeigen.
Das Prinzip einer Kleinfamilie mit einer bestimmten Vaterrolle wurde bewusst abgelehnt und die Kommune folgte bedingungslos den Vorschlägen und Aufträgen von Otto Mühl, der, so gut es ging, aus der Dokumentation herausgehalten wurde.
Der Zuschauer erfährt, wie sich die Kinder von damals bemühten die Eindrücke zu verarbeiten und wie sehr diese davon beeinflusst wurden.
Die Interviews mit der Mutter sind sehr emotional und teils versetzen sie einen ins Staunen.
Man merkt auch die heute noch geteilten Meinungen der Protagonisten zur Kommune, zum Leben in dieser und zu Otto Mühl selber.
Es ist eine hervorragende Dokumentation, die viele interessante Informationen und Blickwinkel bietet und dennoch Raum für eigene Meinungen lässt.
Uraufgeführt wurde „Meine keine Familie“ bei der Viennale 2012 in einem ausverkauften Gartenbaukino.
Auch den ersten Preis kann das Werk mit dem Wiener Filmpreis für Spiel- und Dokumentarfilme bereits verbuchen.
„Read you soon“
Meine Keine Familie
Österreich, 2012, 90min,
Drehbuch: Paul-Julien Robert
ProtagonistInnen: Florence Desurmont, Egon Redent,…
Produktion: Freibeuter Film
Der Friedrichshof existiert noch, allerdings als Ausstellungsort Sammlung Friedrichshof.
Als Ergänzung sei der Österreichische Spielfilm Die Vaterlosen wärmstens empfohlen.
läuft im Moment in den Wiener Kinos