Es gibt Sendungen, in denen Menschen miteinander plaudern und es gibt auch Sendungen, in denen es um Autos geht.
Beides sind Erfolgsrezepte im Fernsehen.
Jerry Seinfeld ist auch ein Erfolgsrezept der Fernsehgeschichte: Seine Sitcom Seinfeld ist eine der erfolgreichsten Fernsehsendungen aller Zeiten.
Schließlich sind Witze ein weiteres Erfolgsrezept.
„The car and the coffee! … I kinda had this idea that people like those things. Let’s make a show where we pore over these things with affection.“
Das hat Jerry Seinfeld über die Entstehung seiner Web-Show Comedians in Cars Getting Coffee in einem Gepräch mit David Letterman (auch sehr sehenswert) zu sagen. Und die Show wirkt wirklich so grundlegend einfach: Da wird abgeholt, ein bisschen herumchauffiert, Kaffee getrunken und nebenbei geplaudert. Dem ganzen liegt ein Konzept zu Grunde, das in seiner beiläufigen Schlichtheit eigentlich nur von jemandem, der wie Seinfeld bereits alles erreicht hat, erdacht und durchgeführt werden kann.
Die schier unermessliche kulturelle Relevanz und Popularität, die Seinfeld die ganzen Neunziger über ausstrahlte, und die außerhalb der USA wohl nicht ganz nachvollziehbar ist, wird von dieser Anekdote recht treffend ausgedrückt: Einen Tag vor der letzten Episode von Seinfeld im Jahr 1997 brachte ABC eine Folge der Sitcom Dharma & Greg (falls die jemand kennt), deren Schlusspointe war, dass die beiden Hauptcharaktere ungestört in aller Öffentlichkeit Sex haben, was nur möglich war, weil der Rest San Franciscos gebannt das Seinfeld-Finale ansieht.
Mehr als ein Jahrzehnt nach Seinfeld wagt sich Jerry Seinfeld also an das ganz andere Ende des Spektrums und auch in ein neues Medium: Comedians in Cars Getting Coffee ist eine Web-Serie, die kostenlos im Internet verfügbar ist.
Bis jetzt wurden vier Seasons mit fünf bis zehn etwa 20-minütigen Folgen veröffentlicht. In jeder trifft Seinfeld eine Persönlichkeit der Unterhaltungsindustrie. Die Auswahl der Gäste liest sich wie ein Who’s Who der amerikanischen Comedy-Szene: Larry David, Alec Baldwin, Mel Brooks, Chris Rock, Seth Meyers, Sarah Silverman, Louis C.K., Jay Leno, Tina Fey, Jon Steward und Aziz Ansari, um nur einige zu nennen.
Aber auch die Episoden mit aus europäischer Perspektive unbekannten Gesichtern sind, vielleicht gerade deswegen, sehr sehenswert.
Sie zeigen Seinfelds Wurzeln in der Stand-Up Comedy, die mit dem heimischen Kabarett nur entfernt verwandt ist. Das erklärte Ziel von Comedians in Cars Getting Coffee ist es, die charakterlichen Gemeinsamkeiten dieser professionellen WitzeschreiberInnen und -macherInnen zu zeigen.
Auch wenn 20 Minuten an der oberen Internet-Aufmerksamkeitsgrenze liegen, wirken die Episoden kompakt und eigentlich wünscht man sich, sie wären länger. Sogar das Faust-auf’s-Aug‘ Product Placement macht Spaß. „It’s all a trick!“, meint Jerry Seinfeld dazu: Aus drei Stunden Rohmaterial werden durch geschickten Schnitt und Musik 20 Minuten, es entsteht aber trotzdem der Eindruck, dass man gerade einen Nachmittag mit Jerry und seinem Gast verbracht hat und ein Gag den anderen jagt. Da kann es schon mal passieren, dass man sich ganze Seasons in einem Satz anschaut und auch ab und zu laut auflacht.
„It’s an anti-show about a non-event.“, sagt Seinfeld. Und genauso soll’s sein.
Zum Glück ist die nächste Staffel schon in Arbeit.
http://comediansincarsgettingcoffee.com/