Was machen die Franzosen anders als wir?
Nach Willkomen bei den Sch’tis und Ziemlich beste Freunde gibt es jetzt schon wieder einen wirklich witzigen und wirklich erfolgreichen Film aus dieser Ecke Europas:
Der Vorname bietet geistreichen Humor auf der richtigen Seite der Gürtellinie, ein feines Kammerspiel, einen gelungenen Ensemblefilm mit fünf hervorragenden Darstellern.

Der erfolgreiche Immobilienmarkler Vincent kommt wie so oft zum Abendessen zu seiner Schwester. Élisabeth, genannt Babou, ist Lehrerin an einer öffentlichen Schule und kümmert sich „nebenbei“ um die beiden Kinder, den Haushalt und ihren Ehemann Pierre, einen Literaturprofessor an der Sorbonne, oh là là!
Anna, Vincents schwangere Frau, ebenso schön und erfolgreich wie ihr Mann, erscheint wie immer zu spät. Ganz im Gegensatz zu Claude, dem feinsinnigen Posaunisten, einem sehr engen Freund der Familie.
Es wird gewitzelt, geblödelt und in vertrauten Mustern agiert und rivalisiert, dass es eine Freude ist. Bis, ja bis sich einen Diskussion um den Vornamen des neuen Erdenbürgers entspinnt…

Man erinnert sich an Festen in all seiner Brutalität, an das oscarüberhäufte Wer hat Angst vor Viginia Woolfe? und jüngst gern an Der Gott des Gemetzels, obwohl ich die Version des Akademietheaters charmanter gefunden habe als den Polanski Film.
Hier hingegen schafft die Geschichte den Sprung von der Theaterbühne auf die Leinwand sehr gut.
Delaporte führt vor, dass latente Konflikte, alte Verletzungen, Lügen und Lebenslügen auch ausgesprochen amüsant serviert werden können – ohne jeglichen Mangel an Tiefgang oder Glaubwürdigkeit.
Abwechselnd sympathisiert man als Zaungast mit den Protagonisten, ist gespannt auf neue Wendungen und beobachtet zurückgelehnt, wer wohl als nächster die Nerven verliert.

Pia und ich haben ‚Der Vorname‘ in OmU im Votivkino gesehen und waren für die Untertitel ausgesprochen dankbar, so scharfzüngig und pointiert wird hier geschossen. Nie jedoch läuft der intelligente Diskurs ganz aus dem Ruder, immer bleiben die Gesichter letztlich gewahrt. Zynismus oder Dummheit haben hier keinen Raum und so ist die Bekömmlichkeit dieser Komödie nie ernsthaft gefährdet.

Für Frankophile, werdende Eltern, gute Freunde und Menschen, die Menschen grundsätzlich mögen.

Le Prénom. Der Vorname

2012, F/B, 109 min
Drehbuch und zu Grunde liegendes Theaterstück: Matthieu Delaporte
Regie: Alexandre de la Patellière, Matthieu Delaporte
mit Patrick Bruel (Vincent), Valérie Benguigui (Babou), Charles Berling (Pierre), Guillaume de Tonquédec (Claude), Judith El Zein (Anna)
FSK 12 Jahre

Seit dem Start am 2.8.2012 ist der Film in vielen Wiener Kinos zu sehen.
Im Anschluss passt ein Anruf bei der Mama gut und ein Marokkanisches Essen z.B. im Petit Maroc, beides möglichst in Begleitung eines großen Bordeaux.

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