Life Size Memories, Plakat © Filmladen FilmverleihEigentlich wollte ich mir den Film ja gar nicht ansehen: ich hatte bei Life Size Memories die Vorstellung von einem für die große Leinwand aufgepeppten Universum. Eh nett.
Und dann lud mich Karin (tri) zur Premiere ein und ich dachte, egal, ich mag ja Elefanten sehr und Karin sowieso.

Im Vorfeld begann ich zu recherchieren und habe mir den Trailer angesehen: Gänsehaut.
Und schon war ich gespannt!

Trotz widrigen Wetters ist der Saal des Künstlerhauskinos zur Premiere gut gefüllt.
Eine Dokumentation erwartet uns.
Zwei ehemalige Kriegsfotografen, Frédérique Lengaigne und Klaus Reisinger wollten ihre Seelen nicht verrohen lassen und wandten sich vor zehn Jahren der Tierfotografie zu: Elefanten in Asien – ja, die mit den kleinen Ohren.
Klaus Reisinger, Frédérique Lengaigne, John © Filmladen FilmverleihUnterwegs in Myanmar (ehemals: Burma), Thailand, Indien und Sri Lanka mit einer Fachkamera für Großbildaufnahmen, die groß und sperrig an Daguerrotypieapparate denken lässt, ist man über vier Jahre beschäftigt.
Der Fotograf verschwindet unter einem schwarzen Tuch, die beeindruckenden Dickhäuter sollen ja lebensgroß porträtiert werden, was auch hervorragend gelingt.

Bestechend scharfe Bilder entstanden, die vom feinsten Härchen bis zur kleinsten Hautpore den Elefanten als Charakter und Persönlichkeit auftreten lassen.

Zehn Jahre später kehrt das Fotografenpaar zu den Elefanten zurück und dokumentiert dies filmend.
Herausgekommen sind zwei lange Stunden Dokumentarfilm, die sowohl filmisch als auch dramaturgisch nicht mit den Dokumentarfilm Highlights der letzten Jahre mithalten können, aber es ist ja auch ein Erstling.

Schön der respektvolle und nicht wertende Zugang, der uns Betrachtern Raum lässt zum Nachdenken und tatsächlich hallt am Folgetag vieles nach.

Der Elefant als Arbeitstier, das schweres Gerät ersetzt, als Touristenattraktion, Zuchttier und Statussymbol, als Gottheit und auf dem Weg zurück vom Haustier in die Freiheit der Wildnis werden uns näher gebracht. Alle Tiere haben einen Namen, interessant die unterschiedlichen Beziehungsmuster zwischen Elefanten und Menschen, oszillierend zwischen Anmaßung und Anbetung, deutlich die Liebe und Begeisterung der Filmemacher für die Tiere – hier springt der Funke oft auf’s Publikum über.

In Sachen Spannungsbogen und Schnitt wird leider einiges verschenkt. Hier hätten externe Profis gut getan so wie sie mit Helmut Hödl, der die großartige Filmmusik beigesteuert hat, sehr wohl gesucht und gefunden wurden.

 

Mong Kon © Filmladen FilmverleihVerständlich die langsame Erzählweise, verständlich das Draufhalten der Kamera, wenn es besonders schön oder schmerzhaft wird:
die vom Zuseher erhofften Reaktionen des Mitfühlens und der Begeisterung für diese herrlichen, klugen, sozialen Tiere bleiben sicher nicht aus.

Aber dass die Kamera andererseits alles miterzählt (die Heimreise aus Burma z.B.; viele, teils kurze Einstellungen dazwischen, die den Erzählfluss nicht weitertreiben) und dass auf eine ErzählerInnenstimme für die längeren Zwischentexte verzichtet wurde, ist alles insgesamt schade und dient dem Anliegen der Neo Filmemacher weniger.

Statt einer soliden, teils berührenden Dokumentation hätte ein genialer Film entstehen können.
Elefantenbaby im Fluss Pinnawala © Filmladen FilmverleihMir hat Life Size Memories ins Gedächtnis zurückgebracht, wie beeindruckend und schützenswert Elefanten sind. Ich besitze gottseidank und eher zufällig nichts aus Teak oder anderen tropischen Hölzern (die Elefanten transportieren die gefällten Baumriesen mühsamst wie Arbeitsklaven in schwer zugänglichen Urwaldregionen), ich besitze kein Elfenbein und werde im Fall der Gelegenheit keine Vorführungen mit diesen Tieren besuchen, sie nicht begaffen, berühren und nicht auf ihnen reiten.
Ich fahre auch niemals Fiaker übrigens (das Gehen auf dem harten Straßenbelag schädigt die Gelenke der Pferde).

Elefanten sind herrliche, wilde Tiere.
Wie Menschen aus wirtschaftlichen, traditionellen, kulturellen und religiösen Gründen mit ihnen umgehen, zeigt wie wir sind.

Für Fotografiefans, Tierfreunde, Asienreisende; nichts für sehr zart besaitete Menschen.

 


Life Size Memories, Elefanten hautnah

2012, Österreich, 118 min
Drehkonzept: Klaus Reisinger, Frédérique Lengaigne
Regie: Klaus Reisinger, Frédérique Lengaigne
Kamera und Schnitt: Klaus Reisinger
Filmmusik: Helmut Hödl, www.hoedl-music.com
website: www.lifesizememories.com
zu sehen in Wiener Kinos.

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