Kino. Prix du Jury Cannes 1998. Das Fest von Thomas Vinterberg.

Festen, der erste Dogmafilm von Thomas VinterbergIst kek dieser Tage vollzählig in Cannes? Leider nicht ganz.
Das geht gar nicht, und ich versteh’s eigentlich auch nicht, aber wol ist ja gottseidank dort.
Dabei wäre doch sicher noch ein Platzerl in der Jury frei gewesen.
Was soll’s, dann eben nächstes Jahr!
kek nimmt die Filmfestspiele in Cannes jedenfalls zum Anlass diese Woche zwei bereits in früheren Jahren in Frankreich preisgekrönte Filme zu empfehlen.
Julian Schnabels Schmetterling und Taucherglocke und Das Fest von Thomas Vinterberg, der auch heuer mit dem Film „Jagten“ am Wettbewerb teilnimmt.
Los geht’s mit: Das Fest!

Der Hotelier Helge Klingenfeldt Hansen feiert seinen 60isten Geburtstag und alle sind gekommen, auch seine drei Kinder Christian, Michael und Helene. Die Wiedersehensfreude ist aufgrund des Selbstmordes des vierten Kindes, Linda allerdings getrübt. Nichtsdestotrotz soll es ein rauschendes Fest werden. Zu Ehren des Jubilars hält der älteste Sohn Christian eine Rede und diese endet mit den Worten:“Ein Prost auf den Mann, der meine Schwester getötet hat, ein Prost auf einen Mörder!“
Dieses Ende ist auch gleichzeitig der Beginn einer schonungslosen Nacht der Enthüllungen. Dabei muss für einige Teilnehmer des Festes der tadellose Schein der heilen Familie und der gute Ruf ihres Oberhaupts unter allen Umständen aufrecht erhalten werden. Ein Ringen um Normalität beginnt.

Das Fest ist der erste Film, der nach den Regeln der Dogma 95 Bewegung  gedreht wurde. Für den Zuschauer ist die Kameraführung zunächst ungewohnt, erinnert sie doch sehr an an ein Privatvideo von der Feier nebenan.“Zudem zwingen die ungewohnten, häufig unterbelichteten oder unscharfen Bilder zu Konzentration und wirken gegenüber der Verdrängung der erschütternden Enthüllungen durch die Geburtstagsgesellschaft wie ein Moment der Reinheit und Befreiung.“ (Taschens 100 Filmklassiker)
Spannend, dass die Szene mit Christians Rede von einem der anwesenden Schauspieler am Tisch selbst mitgefilmt wurde, weil es andernfalls unmöglich gewesen wäre die Dogmaregeln einzuhalten.

Das Fest ist ein Film, der niemanden kalt lässt.
Gerade durch die Art und Weise, wie er gefilmt ist, erscheint er für den Zuschauer unheimlich greifbar und nah. Fast unerträglich wirkt die heuchlerische Gesellschaft, die die immer lauter werdenden Anschuldigungen quasi ignoriert und die Feier unbeirrt fortsetzt. Der mit Abstand grausamste Dialog des Filmes, als Christian seinen Vater auf den Missbrauch anspricht, lässt den Zuschauer in Fassungslosigkeit erstarren.
„Christian: ‚I ‚ve just never really understood, why you did it.‘
Father: ‚It was all you were good for.‘ “

Es wäre allerdings kein echter Vinterberg, wenn die Charaktere auf gut und böse reduziert blieben. Die Persönlichkeiten sind komplex gezeichnet, jede Figur zeigt sowohl positive als auch negative Eigenschaften, was es für den Zuschauer schwierig macht Partei zu ergreifen. „Wenn die Figuren betrübt sind, spielen sie froh. Wenn der Vater seinen Kindern etwas Schreckliches angetan hat, muss der Schauspieler in dieser Rolle liebenswert und charmant sein. Das sind banale Dinge, die aber dem Universum einen Anstrich von Irrationalität geben und es menschlicher machen.“ (Hallberg Dogma 95)

Für mich persönlich ein großes Stück Kinogeschichte, das man unbedingt gesehen haben muss.

Das Fest (Festen)

1998, Dänemark, 101 min
Drehbuch: Thomas Vinterberg, Mogens Rukov
Regie: Thomas Vinterberg
mit Ulrich Thomsen, Paprika Steen, Henning Moritzen…
erhältlich unter anderem bei www.amazon.at

Tipp zum Schluss: Allen Filmfreaks sei an dieser Stelle die offizielle Cannes Homepage wärmstens ans Herz gelegt. Hier kann man sämtliche Trailer des diesjährigen Wettbewerbs vorab ansehen!
http://www.festival-cannes.fr/en.html

 

 

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