Jack Reacher scheint dem Hauptdarsteller und Co-Produzenten Tom Cruise auf den Leib geschrieben. Ist er aber nicht.
Es bleibt abzuwarten, wie die Fangemeinde des Autors Lee Child, der die Figur 1997 mit 100 Kilogramm Kampfgewicht und 1,96 Metern Körpergröße erdacht hat, das aufnehmen wird.
In Chicago fallen fünf Menschen dem Attentat eines irren Snipers zum Opfer. Die Polizei ist angesichts des mit Beweisen opulent bestückten Tatorts schnell in der Lage einen Verdächtigen auszumachen. Aber der Beschuldigte ist nicht geständig, sondern verlangt nach Jack Reacher.
Doch Reacher ist nicht auffindbar, ein Phantom. Seit er zwei Jahre zuvor als Militärpolizist die Army hochdekoriert verlassen hat, verliert sich im System der Datenbänke jegliche Spur von ihm. Wie praktisch, dass der mysteriöse Held von selbst ins Polizeihauptquartier spaziert kommt und sich des Falles annimmt.
Er inspiziert den Tatort, arbeitet mit der Verteidigerin des Verdächtigen (Rosamund Pike) zusammen, und messerscharf erkennt er, was der Zuseher schon lange weiß: der Verdächtige kann trotz erdrückender Beweislast nicht der Täter sein. Außerdem wird Reacher selbst auch verfolgt…
Was in den Romanen perfekt funktioniert – auch Bill Clinton ist ein Fan der Serie -, erweist sich auf der Leinwand teils als klischeehaft bis unfreiwillig komisch und flacht in der zweiten Hälfte der Story deutlich ab. Der Held ist smart und mit einem ausgeprägt individuellen Sinn für Gerechtigkeit „gesegnet“. Er besitzt nichts als das, was er auf dem Leibe trägt, und seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten wie scharfen Verstand, ein brillantes Gedächtnis und nennenswerte Gefühlsdistanz, außerdem ist er natürlich ein exzellenter Fluchtfahrer und Nahkämpfer. Ach ja, und da ist dann noch ein gewisser Hang zur Selbstjustiz.
Es kommt alles vor, was einen klassischer Actionthriller ausmacht:
ein einsamer Held – natürlich auch mit nacktem Oberkörper, die ihn bewundernde naive Idealistin, eine Verschwörung, flapsige Dialoge, skrupellose Mordgesellen, ein Psychopath, ein korrupter Polizist, ein hilfreicher Verbündeter, wirklich gelungene Verfolgungsjagden, Schlägereien, strömender Regen und scheinbar ausweglose Situationen, die der Held letztlich bravourös meistert.
Der Versuchung aus Reacher und der Anwältin ein Liebespaar zu machen, erliegt die Regie gottseidank nicht. Das wäre dann doch zu viel des Guten gewesen.
Cruise ist glaubhaft und nun hat Jack Reacher ein Gesicht für mögliche Fortsetzungen.
Rosamund Pike darf in Nahaufnahmen, die an Filme aus den Dreißigern erinnern, alles mit ihren Augen sagen. Das Wiedersehen mit Robert Duvall (als Kriegsveteran Cash) macht hingegen überaus großes Vergnügen. Einzig Werner Herzog hat nicht verhindert, dass bei seiner Figur allzu dick aufgetragen wird. Ebenso wie bei der Musik – schlimm.
Popcornkino für Menschen, die Tom Cruise gern beim Heldsein bewundern; für Fans von solider, handwerklich korrekt produzierter, teils wirklich spannender Action.
Jack Reacher
2012, USA, 130min
Buch und Regie: Christopher McQuarrie
mit Tom Cruise, Rosamund Pike, Richard Jerkins, David Oyelowo, Werner Herzog, Joseph Sikora, Robert Duvall,…
FSK 16 Jahre
Der Film läuft seit 4.1.2013 in vielen Wiener Kinos.
kekinwien
hat irgendjemand einen lieblingsfilm mit tom cruise ??