alle Welt schreibt über The ArtistIch bin mit Stummfilmen aufgewachsen. Buster Keaton.  Charlie Chaplin. Laurel und Hardy.
Das gab’s damals im Fernsehen. Nachmittags.
Rollo runter, Fernseher an, Welt draußen, reines Vergnügen drinnen.
Und jetzt kommt einer ins Kino und räumt alle Preise ab?
Unvorstellbar. So unvorstellbar, dass in England Zuseher das Kino verließen und ihr Geld zurückverlangten, weil der Film ohne Dialoge zweifelsohne defekt sei.
The Artist ist ein S/W Stummfilm (bis auf eine kurze Sequenz ganz zum Schluss). Mit Zwischentiteln und mitreißender Musik. So wie damals. Insgesamt: überraschend großartig!

Es ist 1927 in Hollywood. Die Mode ist herrlich, die Welt feiert sich selbst und Georg Valentin.
Schmales Bärtchen, perfekter Haarschnitt, große Gesten, dramatische Mimik, perfekte Tanzschritte statt Kussszenen oder mehr, die blütenweiße Brust des Frackhemdes: er ist der Star des Stummfilmkinos. Überzeugend dargestellt von Jean Dujardin, der kurz vor Drehbeginn übrigens fast das Handtuch geworfen hätte bei der Vorstellung ohne das Werkzeug Stimme genauso viel kommunizieren zu müssen wie sonst.

Der Tonfilm steckt noch in den Kinderschuhen und wird auch von so manchem Produzenten und Darsteller nicht ernst genommen. (Wohin es führen kann, wenn technische Innovationen falsch eingeschätzt oder nicht bewältigt werden, kann man heute übrigens schmerzhaft bei Kodak beobachten.) Die Weltwirtsschaftskrise wird erst 1929 kommen und nicht nur die Stummfilmschauspieler arbeitslos machen.

Der Superstar trifft zufällig auf eine Tänzerin aus der dritten Reihe. Wir ahnen es: er ist die Vergangenheit,  ihr gehört die Zukunft. Man verliebt sich.
Entzückend Bérénice Bejo in der Rolle des aufgehenden Sterns.
Apropos entzückend: der einzige Freund, der Valentin nach dem Durchbruch des Tonfilms (zunächst) noch bleibt, ist sein Hund Uggie, dargestellt von Jack. Auch er, so wie der Film übrigens mehrfach für verschiedenste Preise nominiert und ausgezeichnet. The Artist ist ein heißer Favorit auf einige Oscars!
Der Film, den lange niemand produzieren wollte, spielte die Entstehungskosten von rund zwölf Millionen Dollar übrigens bereits Fimstart allein in Frankreich ein.

Für alle, denen es so wie mir geht und jene, die noch nie einen Stummfilm gesehen haben, denn handwerklich wird hier alles mit Finesse und teils modernster Technik so wie damals gehalten; für Cineasten und solche, die nur hin und wieder etwas außergewöhnlich Gutes im Kino sehen wollen.

The Artist

2011, Frankreich, 100 min
Buch und Regie: Michel Hazanavicius
mit Jean Dujardin, Bérénice Bejo, John Goodman,..
jugendfrei

spielt im Moment in folgenden Wiener Kinos

 

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