Besser Bio-Gemüse kaufen oder doch nicht?

Besser bio, Quitten, Bild © Mischa_ Reska - kekinwien.at

Auf dem Markt im Herbst: Biogemüse

Warum Biogemüse?
Weil’s schmeckt!

Gesundheit, Inhaltsstoffe, Treibhausgase, Bienensterben, sauberes Grundwasser, Ernährungssicherheit für die Weltbevölkerung,  …
Das sind alles weitere einleuchtende Gründe, die für Bioqualität sprechen, aber den Skeptiker_innen sind sie gar nicht so einfach klar darzulegen oder gar zu beweisen.

Gerät die Natur in ein Ungleichgewicht, ist ein friedvolles, freudvolles Leben auf der Erde spätestens für die nächste Generation nicht mehr sicher. Dafür hat die ‘fridays for future’ – Bewegung eine immer breiter werdende Masse sensibilisieren können. Zugleich fühlen sich immer mehr Menschen von den Studien der Expert_innen überfordert.

Ich will meine Überzeugung für Bio hier ohne Zuhilfenahme von Fachartikeln und selbst Fachworten einmal anders erzählen:

 

Besser bio ? Stimmungsbild vom herbstlichen Markt, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien,at

Besser bio ? Stimmungsbild vom herbstlichen Markt, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien,at

 

Viele Früchte statt einer Einheit

Insekten finden auf Feldern, auf denen nur eine Pflanzenart wachsen darf, keine Nahrung. Deshalb leben dort auch keine Vögel, Reptilien oder kleine Säugetiere, deren Nahrung Insekten sind. Versuchen sie, aus Mangel an brauchbarem Lebensraum, doch sich dort anzupassen, werden sie durch Pestizide getötet.

Diese Monokulturen widersprechen dem Biolandbau. Ganz im Gegenteil wird für Bio der ‘Fruchtwechsel’ angewendet. Nährstoffe, die dem Boden durch eine Pflanze entzogen werden, werden durch die Pflanzung einer anderen dem Boden wieder zugeführt. Das passiert unmittelbar nach der Ernte so, dass die Erde auch nicht ‘offen’ und unbebaut der Witterung ausgesetzt ist.

Oft wird mit einer Fruchtfolge gearbeitet, in der über mehrere Jahre immer andere Pflanzen nacheinander angebaut werden, die den Boden und das Wachstum der jeweils nächsten Pflanzung positiv beeinflussen. Erst nach vier oder fünf Jahre kommt wieder dieselbe Frucht an die Reihe wie zu Beginn. Eine übliche Abfolge wäre etwa Roggen im ersten Jahr, Hafer im zweiten und im dritten eine Viehweide. Auf einem Bauernhof ohne Rinder z.B. Roggen-Kartoffel-Hafer-Erbse.
Ein weiteres bewährtes System neben dem Fruchtwechsel ist im Gartenbau die Mischkultur. Pflanzen, die sich gut ergänzen, werden miteinander angebaut.
Für all das brauchen die Biolandwirt_innen viel Wissen aus Erfahrung und immer neues, auf die geänderten Klimabedingungen reagierendes Interesse an Versuchen.

Die industrielle Landwirtschaft mit ihren wesentlich potenteren finanziellen Mitteln setzt dagegen auf die Entwicklung von Satelliten- und Computer- gesteuerten Maschinen, zur zentimetergenauer Ausbringung von Samen und zugleich Herbiziden, Pestiziden und künstlichem Dünger. Je größer die Monokulturanlage, umso besser rentiert sich das, und so dehnen diese sich immer weiter aus, in Europa und weltweit.

 

Rübenvielfalt auf dem Markt im Herbst, alles bio, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Rübenvielfalt auf dem Markt im Herbst, alles bio, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 


Wertvoller Mist oder giftiger Klärschlamm

Mit den nachhaltigen Systemen der Biolandwirtschaft, in denen man unterschiedliche Pflanzen miteinander in Verbindung treten lässt, ist es nicht notwendig schon als ‘Vorsichtsmaßnahme’ alle Insekten zu töten, zudem braucht es auch weniger Dünger. Die chemisch-synthetische Düngung zur Ermöglichung der den Boden ausbeutenden Intensivnutzung bringt den Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf aus dem Gleichgewicht und trägt damit zur Klimaerwärmung bei.

Natürliche Düngung im Biolandbau erfolgt vor allem mit Mist. Mist ist, direkt gesagt, die Scheiße von Tieren. Menschliche Scheiße würde auch funktionieren (wenn sie vom Urin getrennt bleibt), das machen aber kaum jemmand. Zuviel Mist ist auch schlecht, eine Überdüngung schadet den Pflanzen, kann sie sogar ‘verbrennen’.

Die riesigen Tierfarmen produzieren aus der Tierscheiße in manchen anderen Ländern Energie. Bei uns landet sie in zu großen Mengen auf den Viehweiden, hoffentlich nicht mehr im Grundwasser, sondern hauptsächlich in der Kläranlage.
Wer die Mistdüngung grauslich findet, der/dem sei gesagt, dass in der konventionellen Landwirtschaft zur Düngung Klärschlamm verwendet wird. Dass in dem nach der Reinigung unseres gebrauchten Wassers überbleibenden Rest Medikamentenrückstände von Menschen und Tieren sowie unzählige andere ungesunde Stoffe sind, ist offensichtlich.

 

auf dem Markt im Herbst, besser bio, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

auf dem Markt im Herbst, besser bio, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Bio-Gemüse wächst aus Bio-Müll

Eine weitere natürliche Unterstützung des Pflanzenwachstums bietet die Verwendung von Kompost. Kompost ist vorwiegend pflanzliches Material, das man unter bestimmten Voraussetzungen verrotten lässt. Vereinfacht gesagt bewirken Sauerstoff, Wasser, Bakterien, Pilz und kleine bis kleinste (nicht sichtbare Einzeller) Lebewesen dabei eine Umwandlung von Biomüll zu Kompost.

Auch Hobbygärtner_innen wissen, dass nicht in jeder Erde Samen aufgehen und zu Pflanzen gedeihen. Dafür braucht es die feine oberste Schicht der Erde, auf der in natürlicher Weise aus absterbenden Pflanzen und Bodenorganismen Humus entsteht. Dieser natürliche Humus ist immer nur begrenzt vorhanden, verbraucht sich und kann durch die Zugabe von Kompost aufgebessert werden.

Wenn wir uns nicht darum bemühen, dass ausreichend Humus auf unserer Welt vorhanden ist, können wir Pflanzen nur mehr unter großem Energieaufwand in künstlichen Nährlösungen großziehen.
Auch Kompost wird für die industrielle Monokultur nicht verwendet.
Zu aufwendig für große Flächen und man verdient nichts damit?

 

Zwiebel. im Herbst auf dem Markt, besser bio, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Zwiebel. im Herbst auf dem Markt, besser bio, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 


Freie Bäuerinnen und Bauern versus manipulierende Konzerne

Der Einsatz von Fruchtwechsel, Mist und Kompost fördert die Entwicklung von Nützlingen – von Insekten, die andere unerwünschte Insekten, also die Schädlinge, im Zaum halten, indem sie sie fressen. Kurz gesagt ist damit das natürliche Gleichgewicht erreicht und bewirkt, dass alles gut zusammenspielt und unsere Nahrung gut gedeiht.

Das Gegenteil stellen die im Biolandbau verbotenen genmanipulierten Pflanzen dar. Sie sind darauf programmiert, in Monokultur nur unter der Anwendung darauf abgestimmter Pflanzen- und Tier- Vernichtungsmittel und chemisch-synthetischer Dünger zu gedeihen. Die Samen dieser Pflanzen sind zudem Hybrid, das bedeutet, dass aus ihnen keine neuen Pflanzen wachsen können.

Die Landwirt_in von Texas bis zum Kongo hat damit kein eigens, früher meist über viele Generationen erhaltenes, sich der Region immer besser anpassendes Saatgut zur Verfügung. Damit wird die Bäuerin, der Bauer in Abhängigkeit der Konzerne gehalten, die die gesamte Palette der Mittel und Gegenmittel bis hin zu den Maschinen anbieten, gerne auch auf Kredit. Der Preisdruck bei der Abnahme der Nahrungsmittel durch die Konzerne tut sein übriges.
Das System ist besser mit dem des Lehensherren und des Leibeigenen zu vergleichen, als mit der Idee der freien Bauernschaft.

 

Melanzani, Vielfalt auf dem Markt im Herbst, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Melanzani, Vielfalt auf dem Markt im Herbst, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Lieber klein als groß

Nicht vergessen sollte man, dass auch die schon geernteten konventionellen Nahrungsmittel für den Verkauf im Supermarkt noch verändert werden. Sie werden mit Mitteln begast, die ein schnelles Reifen und Verderben verhindern sollen. Sowie das sich Ansiedeln von Schädlingen wird unterbunden, das bei der langen schlechten Lagerung und langen Transporten leichter passieren kann. Das betrifft neben Zitrusfrüchten etwa auch Kartoffeln, Nüsse oder Ingwer.

Dafür, dass die Betriebe eine bestimmte Größe nicht übersteigen, und dass die Transportwege die kürzest möglichen für das jeweilige Produkt sind, garantiert leider noch kein Biogütesiegel.

Kleinteilige landwirtschaftliche Flächen machen es zudem möglich eine unübersehbare Vielfalt an Pflanzen anzubauen, wie wir es eben fast nur aus der Biolandwirtschaft kennen. Von den unzähligen Sorten bei Tomaten, Paprika oder Melanzani, von Physalis bis Oxalis, von Karden bis Puntarelle, alles was neugierige Kund_innen lieben!
Marktfahrer_innen bringen gerne neben dem eigentlichen Angebot noch ein paar frisch geerntete Kräuter mit. Immer wieder gibt es neue Anregung für die Küche oder Blumen!

 

Kürbisse und Herbstblumen, auf dem Markt, alles bio, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Kürbisse und Herbstblumen, auf dem Markt, alles bio, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 


Nur nicht sündhaft

Äpfel von dem einem Baum im Garten einer Freundin, die natürlich nicht ‚spritzt’, esse ich auch einfach, weil es eine Freude ist, noch lieber als die von einer Bioapfelplantage in der Steiermark oder in Südtirol.

Auf den Märkten freue ich mich über immer mehr Biostände, aber selbst da sehe ich, wie im Biosupermarkt, immer wieder Angebote, die nicht in die Saison passen und zu weit reisen mussten. Der Preis und die Nachfrage sind wohl ein zu großer Druck auf die Händler_innen. Dabei sollte der Wunsch nach ‘Erdbeeren zu Weihnachten’ schon weit hinter uns liegen und ‘fair’ für beide Seiten ein Anliegen sein.

Meine Favoriten sind die Selbstvermarkter_innen, sie produzieren nur kleine Mengen, alles ist saisonal und sie bringen ihre Ware direkt auf einen regionalen Markt – marktfrisch! Ich mache mir gerne die Mühe, unter diesen vertrauensvolle Bäuerinnen und Bauern, Gärtnerinnen und Gärtner zu suchen, die ihren Anbau im Einklang mit der Natur ausrichten und damit vom oben beschriebenen Weg überzeugt sind. Auch wenn ihr Betrieb so kein ist, dass sich kein Bio-Gütesiegel rentiert, auf das ich mich verlassen könnte.

Was ist mehr Luxus: Alles strikt in Bioqualität einkaufen, eine regelmäßige Biogemüsekiste bestellen, einer Bio-Food-Cooperative beitreten, Bio-Selbstversorger_in mit eigenem Garten werden? Vielleicht kann man sich den Luxus leisten eine dieser Möglichkeiten in den Alltag zu integrieren.
Oder man bleibt als mündige Konsument_in immer informiert und achtet bei jedem Einkauf darauf, das zu bekommen, was für einen selbst, die Mitmenschen und die Umwelt gut ist. Dabei muss man es allerdings auf sich nehmen, Zeit zu investieren und immer wieder abwägen zu müssen.

Um ein gesundes Verhältnis zur Ernährung sollten wir alle bemüht sein.
Nur gieriger Geiz geht gar nicht mehr.

 

Karotten, auf dem Markt im Herbst, alles bio, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Karotten, auf dem Markt im Herbst, alles bio, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

(Beitragsbild: besser bio, Quitten, Bild © Mischa Reska – kekinwien.at)

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