Spelunke
Will ich Gast in einer ‚Gaststätte mit schlechtem Ruf‘ (Reverso Wörterbuch) sein? Und das ist noch eine der harmloseren Definitionen des Begriffes ‚Spelunke‘. Sicher nicht! Doch diese neue Spelunke am Donaukanal ist eine rühmliche Ausnahme …
Wir gehen ja fast nie zu Presse Einladungen wie ihr wisst. Der Eindruck eines neuen Restaurants kann nur verzerrt sein, wenn die Mannschaft weiß, dass da zwei Dutzend Kritiker herumsitzen. Wir erleben Lokale lieber als ‚echter‘ Gast mit Rechnung und allem Drum und Dran. (Wenn wir ein, zwei Mal pro Kalenderjahr doch einen Pressetermin wahrnehmen, dann auch, weil es ein paar sehr liebenswürdige Menschen aus den Branchen PR, Gastronomie und Journalismus gibt, die man sonst nicht oft genug trifft. Außerdem ist der Diskurs mit ExpertInnen über das gerade gemeinsam Gegessene und Erlebte interessant.)

Restaurant Spelunke am Donaukanal, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Drinks und alte Bekannte
Wir machen uns also auf den Weg über die Brücke, das Sofitel im Blick und sind schon sehr gespannt, was uns erwartet. Die Fotos waren ja ziemlich kleinteilig bunt und die homepage des Lokals ganz schön grell. Der erste Eindruck passt aber: An der Eingangstüre eröffnet sich der Blick auf viel Erfreuliches! Eine riesige Bar, an der man als Gast auf allen Seiten Platz nehmen kann, thront in der Mitte des großen ebenso eleganten wie gemütlichen Lokals.
Hinter der Theke zwei bekannte Gesichter, die ganz schön zu tun haben an Shakern und Flaschen, denn schon in den ersten Tagen nach der Eröffnung ist die Hafenkneipe ohne Hafen brechend voll! Es sind Marcus Philipp als Barchef, vormals Smoky Bar, Albertina Passage, seines Zeichens Gewinner der Österreich Ausscheidung des Diageo World Class 2017, eines renommierten weltweiten Wettbewerbs für Bartender. Ihm zur Seite Thomas Lang, der uns u.a. damals im Salonplafond an der Seite von Jan Pavel (jetzt wieder Fabios) positiv aufgefallen war, weil auch er Gastgeberschaft lebt. Über den beiden schweben vier Kupferkessel mit Ottakringer Goldfassl. Ein schöner Anblick und ein Designelement, das ruhig in Mode bleiben darf.

Auszug aus der Cocktail-Karte in der Spelunke, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Dishes und Profis
Auch am Eingangspult an den zwei Laptops, wo sich die Opinionleader, Touristen, allerlei Jungvolk und Lokalhopper um einen Platz bemühen, entdeckt man bekannte Gesichter: Werner Helnwein (zusammen mit Monika Wlaschek Betreiber dieses Lokals und des Klee am Hanslteich) und Lisa Hetzmannseder als Restaurantleiterin – sie zu sehen ist immer eine besondere Freude (vormals Fabios, Pichlmaiers Zum Herkner, Klee am Hanslteich). Gute Prognose für gutes Service!

Spelunke, Wand mit LPs im Restaurant, Bild (c) Sibylle Dremel

Spelunke, eine der Blickrichtungen auf die Bar (c) SybilleDremel
Die Spelunke brummte vom ersten Tag an!
Das Restaurant wirkt in Wirklichkeit noch schöner als auf den Fotos. Man will gar nicht wissen, was das alles gekostet hat. Das Licht ist warm, aber hell genug, sodass man gut sieht, was man auf dem Teller hat, oder wer da auf der anderen Seite der Bar lehnt. Die unterschiedlichen Bereiche, die die Bar umspielen, sind durch die kreative Gestaltung der Wände strukturiert (Corporate Design: Akira Sakurai). Sonst gibt es dunkle Holztische und grenzgenial bequeme Sitzgelegenheiten, die extra für das Lokal angefertigt wurden. Ein bisschen schwer zu manövrieren sind die Restaurantstühle zwar, aber in denen versinkt man trotzdem gern.
Man kann sich gut vorstellen, wie man hier an der Bar allein oder zu zweit ein schönes Bier oder einen nennenswerten Cocktail nimmt, oder in jeder Anzahl und Konstellation mit Freunden im Restaurant isst. Ich finde das Lokal angenehm. Man schaut überall gern hin und es wird einem auch sonst sicher nicht langweilig. (Tja, wer Ruhe und Kontemplation sucht, ist eher falsch in der Spelunke.)

Kohlrabi, Trüffel, Yuzu, also laut Karte: Getrüffelter Kohlrabisalat mit Yuzu und getrockneter Miso (vegan) um € 10,50, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Best of Vienna oder Marktforschung?
Die Speisekarte versucht auf den Lokalnamen und die Lage Bezug zu nehmen und geht gleichzeitig auf Nummer sicher. Wie sich das im Detail unter der Küchenführung von Alexander Pochtaltko (auch Klee am Hanslteich) liest, siehst du genau hier. In den ersten Tagen hat das, was in der Karte angekündigt war, nicht immer ganz mit dem dann tatsächlich Servierten übereingestimmt. Zum Beispiel waren die Kartoffel zur Lammhaxe nicht gestampft – nur, falls es damit jemand sehr genau nimmt.

Geschmortes Lammhaxl mit Karotten und gestampften Rosmarinerdäpfeln, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Da werde ich gleich sentimental …
Natürlich haben wir den Signature Dish, den Steckerlfisch (um Euro 17,50) probiert. Als Kind mochte ich den gar nicht, trotz vieler Sommer am See. Aber mit dem Erwachsenenalter kommen auch intensivere Geschmackserlebnisse zum Zug. Der Fisch am Staberl in der Spelunke ist ein große, saftige Makrele. Dazu reicht man Pustakraut im Glas, geröstetes Schwarzbrot und einen Dip – der war u.a. ziemlich dünnflüssig und wurde auch im Gläschen, aber leider ohne Löffelchen serviert. Wiedereinmal muss ich sagen, dass ich Teller gern so gestaltet habe, dass ich ohne viel Anstrengung genießen kann. Und ob man Steckerlfisch jetzt öfters essen wird als ein Mal im Jahr, weiß ich auch nicht. Der hier ist jedenfalls gut.

Steckerlfisch mit herzhaftem Pustasalat und knusprigem Schwarzbrot, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Das Auge isst mit, auch in Spelunken
Die Küchenleistung ist noch nicht ganz auf der Höhe, aber man schmeckt manchmal schon erfreulich, wohin die Reise gehen soll: Hochzeiten von Aromen, Einflüsse von rund um den Globus, Besinnung auf Bewährtes, Intensität, Spaß. Da reicht der Spannungsbogen derzeit allerdings noch recht weit vom veganen Pastagericht bis hin zum Schweinsbraten – ohne Kruste, wie man hört. Ich bin gespannt auf die nächste Karte, die erste wirkt ein wenig wie ein Experimentierfeld.
Obwohl Geschirr und Gläser hübsch gebrandet sind, wünsche ich mir innerlich, dass man das Design mancher Gerichte überdenkt. Der Steckerlfisch auf dem Holzbrett ist stimmig, beim Oktopus passte das für mich nicht optimal. Ich finde ja spannend, dass man das darf, Gerichte direkt auf Holz servieren. Denn in Cocktailbars sind das Holzbrett und der Stössel aus hygienischen Gründen verboten, so weit ich weiß. Aber vielleicht hat sich da etwas geändert. Auch empfand ich Portionen und Preisgestaltung nicht immer ganz nachvollziehbar. Die niedliche Portion Oktopus kommt auf Euro 22,50, während die riesige Lammhaxe mit einer Schüssel voll Babyerdäpfel und einem gefühlt halben Kilo Karotten mit Euro 19,80 eingepreist ist.

Oktopus mit Chorizobutter, Kapern, Oliven, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Schöne Aussichten aus dem Strandkorb
Wenn das mit den Behörden glatt geht, wird es in Zukunft auch Frühstück geben. Was es jetzt schon gibt, sind ansprechende Getränke und gute Musik. Bei unserem Besuch an einem Freitag war ein DJ anwesend, der auch Musikwünsche erfüllte – gleich links vom Eingang gibt es eine ganze Wand voll Vinyl. Was die Spelunke insgesamt so sympathisch macht, sind wohl auch diese Details. Da wundert es einen gar nicht, dass es einen cafe al banco geben soll (Ein kleiner Espresso wird wie in Italien an der Theke im Stehen getrunken und kostet nur einen Euro). Und die Strandkörbe auf der Terrasse finde ich großartig.

Knackige Crème brûlée mit mini Biskuitrolle und fruchtigem Sorbet, Bild (c) Claudia Busser
Spelunke
Taborstraße 1, 1020 Wien
Tel.: +43 1 21 24 151
E-mail: ahoi@spelunke.at
web: www.spelunke.at
Öffnungszeiten: derzeit täglich 11.00 – 2.00 Uhr, Küche bis 23.30 Uhr; eine Ausweitung der Öffnungszeiten ab 20.11.2017 von 8.00 – 2.00 ist geplant; Schanigarten, Nichtraucherlokal