UPDATE Mai 2018:
Das war ein kurzes Gastspiel: Das Restaurant musste Insolvenz anmelden.
Das Warten hat ein Ende: AI Restaurant
Nach jahrelangem Leerstand hat das Goldene Quartier seit wenigen Tagen ein weiteres Restaurant von wahrlich internationalem Format.
Das AI (eigentlich AÏ, Japanisch für ‚Liebe‘, sprich: ai) hat still und leise vor rund drei Wochen seine Türen geöffnet, ganz offiziell im Vollbetrieb ist es ab Oktober 2017.
Wir waren essen …
Und wir waren eingeladen. Zum Pressedinner. Machen wir ja höchst selten, dass wir uns einladen lassen, etwa ein Mal pro Jahr im Schnitt. Aber so eine Leistungsschau vorab ist eine schöne Gelegenheit zu testen und, wir gestehen, liebe KollegInnen wieder zu treffen. Der eine „berühmte“ Gastrokritiker war schon ein paar Tage vorher da übrigens, was schade ist, denn wir hätten irrsinnig gern mit ihm diskutiert, was er bei Sushi und Sashimi eigentlich gegen regionalen Fisch hat. Kek steht auf Saisonalität, Regionalität und „farm to table“- Konzepte wie hier. Und wenn ein japanisches Luxusrestaurant neben internationalen Produkten auch möglichst viele heimische anbietet, dann freut uns das. Einige spezielle Gemüse werden übrigens extra für die Küche jetzt hier angebaut.
Das Restaurant ist der erste Standort der Kamp Hospitality Investments Holding in Europa, die weltweit zwanzig Restaurants unterschiedlichster Ausrichtung betreibt. Schnell entstand bei uns der Eindruck, dass es sich hier um einen groß angelegten Test handelt, einen „Flagshipstore des gehobenen Genusses“ quasi. Schön, dass das in Wien passiert! Die Idee war, ein Lokal zu entwerfen, das jede/r ohne Schwellenangst betreten kann, einen Ort zum Wohlfühlen, an dem man sich entspannt und mit lieben Menschen seine Mahlzeit teilt. Zum Thema „Schwellenangst“ haben wir im Fabios auch immer viel gehört – ein Wiener Phänomen? In den einführenden Worten des CEO Henry Farah, fiel jedenfalls ziemlich oft das Wort „humble“. Nun, im internationalen Vergleich mag das Preisniveau ja durchaus gemäßigt sein, für österreichische Verhältnisse sprechen wir aber eindeutig von Luxus. Dafür bekommt man allerdings auch exzellentes Essen aus dem High End Segment – und noch ein bisschen mehr.
Doch fangen wir beim Anfang an: das Ambiente
Dass in dieses Projekt knapp fünf Millionen Euro investiert wurden, wie man hört, kann man sich vorstellen, wenn man sich ein wenig umschaut. Das Interieur auf drei Ebenen ist edel: 600 m² Gesamtfläche sind ausgestattet in Marmor, Edelhölzern, irrwitzig viel Kupfer, Leder (auch an den Wänden und rund um den Corpus der zweiten Bar im obersten Stockwerk) und einer Vielzahl von unterschiedlichen Leuchten. Alles zusammen ergibt mit gedeckten, aber angenehmen Farben bei Bestuhlung und Polstern einen stimmigen, gemütlichen Eindruck. Überraschend und erhellend waren für uns die riesigen Fensterfronten. Klingt protzig, ist es aber nicht, sondern schlicht schön. (Design: www.gatserelia.com)
AI. Die Speisekarten.
Mittags kann man sich zu einem durchaus fairen Preis einen Eindruck über die Küche unter Chef Sören Herzig verschaffen. Das Menü besteht aus einer unglaublich guten Misosuppe mit Speck, Sojabohnen und Frühlingszwiebeln – und mit der kann man uns sonst eher jagen – zwei kleinen Zwischengerichte und einem Hauptgang. Alles zusammen für Euro 39,00. Dessert dazu gibt’s für einen Aufpreis – eine zwingende Empfehlung an dieser Stelle für alle Desserts von Chef Pâtisserie Daniele Teuchmann.
Das Degustationmeü mit acht Gängen kommt auf Euro 95,- und das Premium mit zehn Gängen auf Euro 145,-. Insgesamt handelt es sich um eine Leistungsschau einer Spitzenküche ausgebreitet auf 80 Positionen auf der Speisekarte. Wir durften quer und kunterbunt durch die Teller verkosten. Oft blitzte Herzigs großes Können durch, die Eindrücke reichten insgesamt von solide bis traumhaft. Das Küchenteam umfasst derzeit 35 Personen und man sucht weiter Personal. Was für eine Spielwiese!
Sphären, Chips und Gel
Zusammenfassend ensteht der sichere Eindruck, dass man im AI mit Spitzenprodukten und Techniken bestens umzugehen weiß. Alles, was vom Robata Grill kommt, bekommt unsere uneingeschränkte und begeisterte Empfehlung. Wer Lamm mag: Hier findest du den Himmel auf Erden. Die Sushi-Varianten waren schwer in Ordnung, wunderbar das Sashimi, bei den Maki war der Speck nicht „so ganz unseres“, sie werden aber wohl bei vielen gut ankommen. Um die mit dezentem Speckmantel umhüllten, perfekt gegarten Jakobsmuscheln mit Aromen von Limette und Shiso, entspann sich an unseren Tisch ein ziemlich langer Diskurs. Das mutig asiatisch interpretierte Beef Tatar ließ auf jeden Fall alle Männerherzen höher schlagen, es kommt mit u.a. Lotuswurzelchips. Wir fanden die Variante es mit Perilla Blatt zu umwickeln neu und sehr erfreulich. Es gemeinsam zu essen, macht auf jeden Fall Freude.
Wer Angst vor Kalorien hat, bzw. wer seinen Gaumen erfrischen und neutralisieren will für das nächste Wunderbare wie er es sonst mit einem Sorbet tut, der wählt den Raindrop mit Wasser aus Hallstatt: ein sehr schönes klares Gel (siehe Bild 1 unten), dazu ein Kick von Früchten der Saison (Bild 2). Wer wiedereinmal geniale Mundfülle erleben will, gönnt sich die Desserts. Die mundgerechten Knödlerl gefüllt mit hellen Nougatcreme werden in mit Blattgold verzierte Crème Chantilly (mit Vanille) gedipt und man weiß in der Sekunde, dass es Sünden gibt, die sich auszahlen.
Und so schaut’s aus auf der japanischen Keramik im AI:
Best of Weinkarte. Und Drinks, Drinks, Drinks.
Natürlich muss man im neuen Hot Spot nicht verdursten. Der wunderbare Sommelier und Restaurantleiter Patrick Hopf hat eine Weinkarte mit rund 230 Positionen zusammengestellt, die nicht nur einen Blick wert ist. Viel Schönes ist hier wohlfeil zu haben. Es werden noch einige Spitzenpositionen dazukommen, denn manch einer braucht auch beeindruckende Zahlen neben der Beschreibung der Flasche. Aber es ist schon okay, ein paar große Gewächse aus Frankreich passen hier sicher gut zum Beispiel. Eine amüsante Reise um die Welt via Cocktailschale ermöglicht Isabella Lombardo, Barmanagerin, wenn man sich ihren Shakern anvertraut.
Besonders angenehm ist uns das bezaubernde Service aufgefallen. Natürlich ist der Eindruck durch die Situation „Pressedinner“ verzerrt, aber die Prognose ist auch diesbezüglich sehr gut, trauen wir uns jetzt mal zu sagen.
Manchmal muss es Kaviar sein – oder Liebe.
Fazit: Es zahlt sich aus, ein bisschen Geld in die Hand zu nehmen und sich im AI Restaurant einen Abend lang zurückzulehnen.
Egal, ob man am Robata Grill zur ebenen Erde Wagyu genießt und dann einer Drink an der unteren Bar nimmt (vermutlich eher Männer), oder ob man im ersten Stock der Sushi Bar den Vorzug gibt und dann an der oberen Bartheke landet (vermutlich eher Frauen), man trifft sich sicher irgendwann beim gemeinsamen Genuss. Und der Horizont des einen oder der anderen wird mit Sicherheit erweitert werden, so oder so.
Wien hat ein neues Luxusrestaurant mit japanisch-asisatischen Schwerpunkt, das sich in jeder Hinsicht sehen lassen kann.
AÏ Restaurant
Seitzergasse 6, 1010 Wien
Tel.: +43 1 532 29 00
E-mail: reservation_vienna@airestaurant.co
web: www.airestaurant.co
Öffnungszeiten: täglich geöffnet; so bis Mi 11.30 – 1.00 Uhr, Do bis Sa 11.30 – 2.00 Uhr
Nichtraucherlokal, Schanigarten, Toiletten im Souterrain, Lift
(Beitragsbild: Blick auf die Seitzergasse, AÏ Restaurant, Bild (c) Andrea Pickl – kekinwien.at)
Günter Pollack
Die Lohnkosten und Lohnnebenkosten müssen erst mal verdient werden bei der hohen Anzahl der Beschäftigten vermute ich.
Das soll aber den Gast den Genuß nicht verderben,optisch die Speisen und die Innenarchitektur selbst ein absoluter burner.
Ob dieses Konzept aufgeht gilt es jetzt zu beweisen auch mit Hilfe von Mundprobaganda der zufriedenen Gäste.
Good luck
Claudia Busser
Wir wünschen auch das Beste!
Der Personalstand ist jetzt in der Anfangsphase sicher höher als dann später im eingespielten Team.
MR
Die Küche gestern Abend war durchschnittlich
Das Service ganz OK, jedoch der laufende Hinweis, dass die Küche um 22 Uhr schließt und Getränke nur bis 23 Uhr bestellt werden können verwundert, da die Öffnungszeiten bis 01.00 angeben sind.
Qualität, Küche und Service sind meilenweit vom Shiki entfernt.
Claudia Busser
Danke für das Update!
Sören Herzig, der Chef, hat das Restaurant vor kurzem verlassen.
Auch das wird sich bemerkbar machen.
Es wäre wahrlich schade um den Standort …
Man wird sehen, ob es besser weitergeht.