Spoon
Was für eine schöne Entdeckung! Im ersten Bezirk hat Ecke Fichtegasse / Seilerstätte im September 2019 ein herrliches kleines Restaurant aufgesperrt. In den ersten Tagen gab es noch keine Telefonnummer und als ich zum Reservieren extra hingefahren bin, blieb ich gleich dort …
Weite Welt
Der Grund war Michael, genannt „Mike“, Köberl. In dem zwanzig Personen fassenden, hübschen Bistro kocht der Chef in einer offenen Küche gleich beim Eingang. Von dort aus überblickt er das ganze Lokal und ist so nahe am Gast. Viele Jahre war er im Ausland tätig. Über ein Jahrzehnt kochte er mit Wolfgang Puck. Und jetzt tut er es eben nicht mehr für die Gäste der Oscar Verleihung, sondern für uns, so gut, dass es die pure Freude ist. Offensichtlich auch für ihn.
Hohe Ansprüche
Wem sich die Gelegenheit bietet, der sollte mit Köberl plaudern – er stellt seine Teller oft selbst ein. Die Leidenschaft für exzellente Produkte, das Kochen an sich und besonders für Rüben erhellen sein Gesicht, wenn er darüber spricht. Er gibt sein Wissen übrigens gern in einer Kochschule gleich um die Ecke des Bistros für maximal acht Personen pro Kurs weiter (vier Module: Fonds, Fisch, Fleisch, free style). Ein geniales Weihnachtsgeschenk oder?
Großes Vergnügen
Mittags ist mittlerweile auch geöffnet, aber abends hat man ein bisschen mehr Zeit zum Genießen, finde ich. Es wird (täglich wechselnd) serviert, was Köberl Lust hatte zu kochen. Ich weiß, für manche Menschen ist ein Überraschungsmenü eine Herausforderung. Aber keine Sorge: Allergien, Vorlieben bzw. Abneigungen werden vom Chef höchstpersönlich im Vorfeld abgefragt. In die Hände dieses Mannes kann man sich in Sachen Kulinarik ganz ruhig und vertrauensvoll begeben.
Kleine Preise
Wir hatten abends das Fünf-Gänge-Menü und eine stimmige Weinbegleitung aus Österreich. Mit Ausnahme des Weinkühlschrankes mit den Raritäten kostet keine Flasche mehr als Euro 29,00. Auch die Preisgestaltung beim Essen ist mehr als fair.
Und hier kommt das höchst erfreuliche Menü vom 6. September 2019 – Du findest alle Gerichte in den Bildern weiter unten bitte:
- Gedeck, zweierlei Brot aus dem Waldviertel, aufgeschlagene Butter. Schweres Besteck, Stoffservietten, das mag ich.
- Thunfisch Tatar mit Kaiserschoten und reichlich Senfmayo, obenauf und unter drunter hauchdünne, kunstvolle Platten aus Miso, Maissirup und zweierlei Sesam. Der Thunfisch ist von bester Qualität, grobstückig, herrlich. Schönes Konsistenzenspiel. Ein super Anfang.
- Carpaccio von der geschälten Ochsenherztomate vom Meidlinger Markt mit Perlen von Balsamico und Olivenöl, und dazu eine beinahe süß schmeckende Salatgurke. Ein technisch bis auf die Perlen einfacher Teller, doch wenn man alle Komponenten im Mund hat und die Perlen zerplatzen, dann bilden die Aromen und Texturen zusammen einen sensationellen Eindruck. Köberl erzählt, dass die Tomaten im Burgenland aus bulgarischen Samen gezogen wurden. Der Mann kennt seine hervorragenden Produkte. (Wer die Techniken der Molekularküche nicht drauf hat, kann übrigens bei „vom Fass“ zumindest Perlen aus Himbeer Balsam Essig kaufen – nicht dasselbe, aber auch nicht schlecht.)
- Die Rüben! Zweierlei Rüben in zweierlei Ausführung mit ein bisschen Feta dazu, Olivenöl, Salzflocken und einer frischen Feige. Die Rübenliebe schmeckt man.
- Ein Caesar Salad muss sein. Schön üppig, mit angenehmen Röstaromen vom Brot. Die Sardellen merkt man deutlich, und dass das kein Salat für eine Schlankheitskur ist, ist verdammt gut so.
- Ein Sous-vide gegarter Schweinebauch (vom Höllerschmid) mit perfekter Kruste könnte vermutlich Vegetarier bekehren, so geradezu luftig ist der. Dazu reicht Köberl knackiges Spitzkraut und – Überraschung – salziges Brioche. Das macht wirklich großen Spaß, wenn ein traditionelles Gericht so interpretiert wird.
- Mahi Mahi mit Milchreis. Fisch nach Fleisch? Ja, das geht. Denn der dezente Schweinebauch wurde von einem dunklen, schön scharfen, aromatischen Curry von der Gemeinen Goldmakrele gefolgt. Dazu gab es molligen, schwarzen Milchreis. Genial. Ich war so fasziniert, dass ich vergessen habe zu fotografieren. Man möge mir das unscharfe Bild mit dem fast geleerten Teller verzeihen bitte.
- Das großartige Finale gehört einem Omaha Steak: Ein Limettenfilet, ein Bett aus Maiskörnern und Koriander Stengel, etwas Maldon Salz. Danke.
- Gâteau au Chocolat aus Valrhona Schokolade und ein ganz besondere Cheesecake. Danach noch ein kleiner Espresso von Bieder & Maier und insgesamt eine bleibende Erinnerung im kulinarischen Gedächtnis, die man Tage danach immer wieder gern abruft.

Gedeck im Spoon Vienna, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Tuna Tatar, Spoon, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Ochsenherz, Spoon Vienna, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Rüben im Spoon, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Caesar Salad, Spoon Vienna, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Schweinebauch im Spoon Vienna, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Curry, Spoon Vienna, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Steak, Mais, Koriander im Spoon, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Schokoladenkuchen, Cheesecake, Spoon, Bild (c) Claudia Busser – kekinwien.at
Fazit: Große Freude über ein kleines Bistro!
Reservieren und ein bisschen geduldig sein dabei, sei hiermit wärmstens empfohlen.
Spoon
Seilerstätte 19, 1010 Wien
Tel.: +43 660 13 44 551
E-mail: reservierung@spoonvienna.at
web: www.spoonvienna.at
Öffnungszeiten: Di bis Sa 12.00 – 14.30 Uhr und 18.00 – 23.00 Uhr; So, Mo und Fei geschlossen
Abendmenü: 3 Gänge um Euro 29,00, 4 Gänge um Euro 39,00 und 5 Gänge um Euro 49,00
Nichtraucherlokal, Kochschule, Schanigarten in Planung
(Beitragsbild: Blick vom Weinkühlschrank auf die Seilerstätte im Spoon, Bild (c) wie alle Bilder dieses Beitrages: Claudia Busser – kekinwien.at)