Das Lokal. Der Barchef. Der Platz.
So ist es, wenn Weihnachten, Ostern und Geburtstag auf ein Mal stattfinden. Wir waren im Heuer.
Wir sind oft im Heuer. Manchmal im Restaurant, meistens in der Bar. Und tatsächlich haben wir bis jetzt darüber nichts verraten. Kurios! Pia und ich waren uns ganz sicher, dass wir schon längst einen Artikel darüber veröffentlicht hätten. Ein willkommener Anlass für ein Plauscherl mit Bert Jachmann, dem Barmanager.
Das Restaurant hat sich gegenüber dem sehr erfolgreichen Vorgängerlokal noch ganz schön ausgewachsen. Wer mehr dazu wissen will, liest hier nach. Wir bleiben in der Bar. Die fasst je nach Gestaltung der mobilen Möblierung schon mal 90 Personen und manchmal wird sogar getanzt. Vielleicht nicht gerade montags, wenn viele after work gern zum Chillen herkommen. Andererseits, wenn der richtige DJ auflegt … denn hier drehen sich die Plattenteller täglich !
Als Bert Jachmann die Bar übernahm, hatte sie, was Spirituosen betrifft, bloß die klassische Ausstattung einer Restaurantbar, also keine nennenswerte unter uns gesagt. Der Barmanager, der davor der Bar des Fabios schon ziemlich viel Profil verliehen hatte, zeigt auch im Heuer seine großartige Handschrift.
Das Programm umfasst jetzt über 350 Positionen. Und die stehen nicht nur so rum, die Flaschen. Hier wird immer mehr gemixt und geshaked, was das Zeug hält. „Die Bekehrung zum anspruchsvolleren Trinken“ ist Bert ein Anliegen. Und wenn er einem so sympathisch grinsend gegenüber sitzt, dann kann man sich das blendend vorstellen, wie er einen eingefleischten Spritzer- oder Biertrinker mit ganz viel Empathie und Kompetenz für die faszinierende und genussreiche Welt der Cocktails begeistert.
„Unter den Gästen steigt das Bewusstsein für Qualität. Das kam natürlich auch durch die Gastronomen selber!“ Das Revival der Cocktailbar ist also endlich auch in der Foodie Szene angekommen, wie die Barrikade zeigt.
„Den Cuisine Style hat für mich Bert in Wien breit gemacht“, sagt Erich Wassicek von der Bar Halbestadt. Das heißt Produkte aus der Küche, also Gemüse, Obst und Kräuter ebenso wie Kochtechniken fließen in die Kreationen ein. Berts Lieblingkinder, die Shrubs sind dafür ein gutes Beispiel. Und in welches Lokal würde das wohl besser passen als ins Heuer, in dem die großen Einmachgläser nicht nur Deko sind, und das von einem Gemüse- und Kräutergarten praktisch umschlossen ist.
Der Karlsgarten ist ein Schaugarten, eine öffentliche Fläche, an der sich jeder erfreuen darf. Mit der dort wachsenden Minze käme die Bar vom Heuer an einen Samstag im Sommer wohl nur ein paar Stunden durch, lacht Jachmann, „aber im Herbst zu Saisonende dürfen wir schon miternten.“
Die Pläne für den Sommer heuer im Heuer
Die Karte wechselt so drei bis vier Mal im Jahr, die Anpassung an die Saisonen ist wichtig. Und an Strömungen: „Die Frage nach vegan oder nicht, ist oft die erste vor der Bestellung“, erzählt uns Bert. Deshalb hat man auch das hausgemachte, fast schon kultverdächtige Popcorn mit Zitronenthymian von Schweineschmalz auf Sonnenblumenöl umgestellt.
Diesen Sommer gibt es auch draußen auf der Terrasse echten Barbetrieb, mit Theke und so. Bei den Events wird man außerdem nur in Ausnahmefällen Eintritt verlangt werden. Und Ende Juli 2016 wird zum ersten Mal – Trommelwirbel – der Liquid Market stattfinden: Es soll eine Art Cocktail-Jahrmarkt werden, ein großer Verkostungsmarkt für alle Interessierten. Genussmessen und Märkte gibt es ja schon für alles Ess- und Trinkbare, jetzt endlich auch für Cocktails. Neueinsteiger ins Thema Spirits und deren kreative Weiterentwicklung können so ganz viel Verschiedenes kennen lernen ohne tief in die Tasche greifen zu müssen. Schließlich muss man ja irgendwie herausfinden, was einem so schmeckt!
Der Liquid Market – Vienna Gardening Cocktail Festival findet am 29. Juli 2016 von 15.00 – 22.00 Uhr im Karl’s Garten statt: „Die Besten der Wiener Barszene verwöhnen mit frischen Drinks aus dem Kräutergarten am Karlsplatz. Mit einer einmaligen Zahlung von € 28,00 kann man sich durch sämtliche Kreationen durchkosten. Freut euch auf unterschiedlichste, sensationelle Kreationen – gemixt an einem Ort, zu einem Preis. Das Heuer am Karlsplatz sorgt für das richtige Ambiente.“
Noch mehr Details auf fb, #liquidmarket2016, http://www.viennabarcommunity.at, http://www.karlsgarten.at
und http://www.heuer-amkarlsplatz.com.
Unser Lieblingsdrink im Heuer?
Es kann nur einen geben. „Die Grundidee war eine Art Pisco Sour aus Österreich zu kreiern“, erkärt der Word Class Sieger und amtlich beste Bartender Österreichs (2012). Ja, ja, den Sours sind wir verfallen. Die Zutaten für den „Steirisch Sour“ sind ein Brand aus der Muskatellertraube und Verjus, geliefert vom Weingut Richard Schober, Vanille dazu und Kernöl. Okay, hier kommt die Rezeptur, die uns Bert netterweise verraten hat:
Steirisch Sour
4cl Muskatellerbrand
2cl Verjus
1cl frischer Zitronensaft
2cl Earl Grey/ Vanille/Tonkabohnensirup
1 Eiweiß
Die Zutaten zuerst ohne, dann mit Eis shaken, ins Goblet-Glas abseihen, kurz warten, bis sich die Schaumkrone leicht verfestigt hat und dann mit 5 Tropfen Kernöl verzieren. (Ende des Zitats)
Das schmeckt fabelhaft, macht süchtig und sieht so aus:
Bert Jachmann stammt aus Kleinmünchen (in Brandenburg), studierte eine Weile Publizistik und als er das erste Mal in Wien ausging, hat man ihn in den Volksgarten nicht reingelassen. Etwas später stand er dann dort hinter der Bar, als Barchef. „Das finde ich eine schöne Entwicklung!“ lacht er. Wir auch.
Die Publizistik ist ebenfalls wieder aufgetaucht in seinem Leben – man trifft sich ja immer zwei Mal – schreibt der knapp über Dreißigjährige doch seit kurzem für das Magazin Lola, das vier Mal jährlich erscheint. Dort ist er also quasi auch der Barchef.
Dazu liest man im Netz: „Für das neue Magazin Lola, einer Art Kochheft für Hipster, denen das Mutter-Medium Gusto zu wenig cool erscheint, gibt Jachmann den Bar-Autor. Für die erste Ausgabe der Lola, ‚die eine alte Freundin von mir leitet‘, steuerte er einen Signature Drink mit dem Wiener Burschik-Wermut von Leo Specht bei.“ Da ist neben dem Wertmut auch noch Basilikum, gelber Paprika und Ingwer Bier drin. Nicht schlecht, Herr Specht – und Herr Jachmann.
Wenn er nicht unterstützt von Malte Müffelmann und Christiane Kreiten (alias Charly) im Heuer werkt, was er fast täglich rund um die Uhr tut, geht er seiner Leidenschaft für Musik nach, reist zum Beispiel nach Prag auf der Jagd nach Vintage Gläsern, und bildet sich essend und trinkend quasi weiter: „Ich lasse mir in jeder Bar die Karte zeigen. Ein guter Bartender wird auch ein bewusster und vielseitiger Esser sein, auf jeden Fall ein Genussmensch. Ich seziere das Essen ja, vor allen Desserts, aus denen ich schon viele Ideen für Cocktails gewonnen habe.“
Für die Frauenwelt gibt allerdings auch einen kleinen Wertmutstropfen außerhalb der Drinks: Bert Jachmann ist seit Jahren glücklich in sehr hübschen, festen Händen. Ob es wohl in Cocktailsbars Groupies gibt, fragt man sich unweigerlich. Dass der Bartender der Rockstar der Bar ist und als Typ hinter der Theke automatisch im Mittelpunkt steht, bestätigt uns Jachmann und grinst wieder sehr gewinnend übers ganze Gesicht.
Für uns ist er auf alle Fälle einer der besten Gastgeber der Stadt, wenn nicht des Landes.
Danke für das Interview.
Cheers!