Ich verrate meine liebsten Gemüsestände auf Wiens Märkten – wenn nicht gerade Samstag ist …
Schau an, es sind dann doch zwei vom Naschmarkt dabei! Und das bei der harten Kritik, die sich dieser Markt zurecht in zunehmendem Maß gefallen lassen muss. Auf dem Naschmarkt kann man aber von Montag bis Freitag immer noch besser Obst und Gemüse einkaufen als im Supermarkt. Wenn man sich ein bisserl auskennt, wird man nicht enttäuscht werden.
Ich gehe ja auf Märkte um die BESTEN frischen Lebensmittel einzukaufen.
Dazu genügt je ein Stand für Gemüse, Brot, Fisch, Fleisch und Käse, idealerweise in Bioqualität. Genauso zieht mich ein diversifiziertes Marktleben an, das auch Dinge bietet, die nicht mich, aber andere Leute ansprechen. Ohne das ist es für mich kein Markt, sondern ein Verkaufsplatz.
Seit jeher können auf dem Marktplatz Gruppen und Kulturen zusammenkommen, die sonst nichts voneinander wissen. Was das für die Stadt an unersetzlichem Wert bringt, kann man bei Richard Sennett nachlesen.
Ein Markt ist mehr als seine einzelnen Anbieter, diese sind aber von größter Bedeutung.
Kuczera
Für den täglichen Einkauf.
Dieser Stand hat Stil, das fiele einem auch auf, käme man das erste Mal vorbei. Er befindet sich im Hauptgang in der zur Linken Wienzeile gelegenen Reihe zwischen Schleifmühlgasse und Girardigasse.
Das Obst und Gemüse wird beim Kuszera geradezu liebevoll ausgelegt und in Körben präsentiert. Für einen Marktstand relativ hoch, so dass man alles gut in Augenschein nehmen kann und man darf sich auch selber das Gewünschte heraussuchen.
Das Erste zu dem ich greife, wenn ich zum Stand der Kuczeras komme, sind die Artischocken, immer die schönsten auf dem ganzen Markt! Alle Waren sind von bester Qualität und kommen auf dem kürzesten Weg, je nach Jahreszeit, meist aus Österreich oder Italien.
Neben der bei uns üblichen Auswahl findet sich auch Seltenes wie in den Wintermonaten Radicchio, der bei Köch_innen besonders geschätzten Sorte Tardivo. Besondere Aufmerksamkeit wird hier in der Saison (Herbst – Frühling) auf hervorragend schmeckende Zitrusfrüchte gelegt und es gibt auch immer wieder die imposanten Zedratzitronen (z.B. für Salat oder Marmelade). Im Sommer leuchtet es in den schönsten Farben von Kirschen, Marillen und vielem mehr bis hin zu den Birnen aus dem Burgenland, der Steiermark oder aus Niederösterreich. Höchstens bei Direktanbieter_innen, die unter der Woche ja nicht auf den Märkten sind, könnte man besser kaufen.
Zurecht stolz sind die Kuczeras auf die Kräuterstöckerl aus der eigenen Gärtnerei in Simmering. ‘Kuczera Basilikum’ wird über den Sommer immer üppiger, während irgendwo gekauftes oft über kurz oder lang eingeht, egal wie sehr man sich bemüht.
Insgesamt ist das Angebot so groß wie das, was eben gekauft wird – also bitte hingehen und nachfragen, falls einem etwas fehlt!
Exotischen ‘Spompanadeln’ spart man sich zum Glück, denn auf Obstsorten aus Übersee, bei denen die Tourist_innen in ‘Ahs’ und ‘Ohs’ verfallen, haben sich ohnehin schon fast alle anderen Obst und Gemüse Anbieter auf dem Markt spezialisiert.
Die Kuczeras kennen den Markt und sein Auf und Ab in den vergangenen Jahren. Karl Kutschera war schon als Baby am Stand dabei, denn seine Familie steht schon seit vier Generationen auf auf dem Markt. Karl Kuszera betreibt heute auch einen Lieferservice, seine Frau verkauft in ihrer immer freundlichen und aufmerksamen Art auf dem Naschmarkt, fünf Tage pro Woche.
Öffnungszeiten: täglich außer Sonntag und Mittwoch von 7.00 bis 17.00 Uhr.
Himmelsbach
Wenn nur das Beste gut genug ist.
Hier ist die Tradition zu Hause. Himmelsbach ist der älteste Obst und Gemüsestand in Wien. Viele der Stammkund_innen kannten wohl auch schon die Eltern von Martina Himmelsbach, hier hat der Ehemann Wolfgang auf den Naschmarkt eingeheiratet.
Der Stand ist fast eine Welt für sich. Ich schätze es so ein: Wer hier einkauft, kommt ganz gezielt und bekommt von dem, was sich auf dem restlichen Markt abspielt, nicht viel mit. Für die ‘Himmelsbachkund_innen’ sind vielleicht noch die beiden benachbarten Fischstände interessant.
Daniel’s Fleisch und Wildstand ist seit kurzem ein Schokoladegeschäft, ganz nach den Vorstellungen der Besucher_innen, die ans ‘Naschen’ der vermeintlich berühmten Wiener Süßigkeiten denken. (Alles ein komplettes Missverständnis, das ‘Nasch’ kommt noch eher von Asche und erwähnenswert sind in Wien die Mehlspeisen).
Noch vor wenigen Jahren teilte sich der Naschmarkts in den ‘vornehmeren, teuren’ Teil zwischen Secession und Schleifmühlgasse und den ‘billigen’ weiter bis zur Kettenbrückengasse. Da sich das Angebot an Lebensmitteln auf dem Markt insgesamt radikal verringert hat, ist diese Situation komplett verändert.
Frau Himmelsbach sieht in Initiativen wie ‘Rettet den Naschmarkt’ und all denen, die negativ über den Naschmarkt schreiben ‘Nestbeschmutzer’ und hört es gar nicht gern, wenn jemand von schlechten Entwicklungen redet.
Keine Frage, bei Himmelsbach ist alles perfekt. Sehr ansprechend dargeboten breitet sich ein reichhaltiger Paradies-Garten vor einem aus, trotz der über hundert verschiedenen Pflanzen liegt der Schwerpunkt auf Saisonalem.
Wenn es rund um Wien geerntet wird kommt das Angebot von österreichischen Gärtnern. Im Winter gibt es Puntarelle, Schwarzkohl, Cime di Rapa, Karden, all dieses in Italien alltägliche Gemüse findet man in Wien sonst fast nirgends. Ja, ich mache dann noch immer aus Freude das zu sehen ‘Luftsprünge’ – fast bis zum Himmel.
Gute Qualität kostet ihren Preis, ist man sich meist einig, wenn man über den Himmelsbach -Stand redet. Das stimmt natürlich, vor allem ‘Besonderes’ muss man sich etwas Wert sein lassen. Gewöhnliches wie Zwiebeln, Kartoffeln etc. kostet nicht mehr als an manch anderem Stand.
Der Himmelsbach ist der erste Gemüsestand von der Secession kommend, im Hauptgang an der zur linken Wienzeile gelegenen Seite.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 6.30 – 19.00 Uhr, Samstag 6.00 – 16.00 Uhr
Meine Lieblings Gemüse- und Obststände für den ‘Samstag-Vormittags-Einkauf’ verrate ich nächstes Mal!
Jetzt nur so viel: Zwei davon sind auf dem Naschmarkt am Bauernmarkt.
Die Konkurrenz der Stände ist dort viel größer und da das Obst und Gemüse nicht aus dem recht einheitlichen Angebot der Großgrünmarktes stammt, sondern von Direktanbietern, ist es vielfältiger und bunter.
Der ständige Naschmarkt mit seinen fixen Ständen wird irgendwann einmal den Bau des Kanals (der vor allem für die Lokale ist) und die doch recht überdimensionierte wirkende Müllentsorgungsanlage überstanden haben. Wir sollten aber nicht solange warten bis er als Markt wiederbelebt werden muss (weil niemand mehr die zunehmend angebotenen Souvenirs etc. kaufen will), sondern durch unseren Einkauf demonstrieren, dass uns der Nasch – MARKT wichtig ist.
Die MA 59 – Marktservice & Lebensmittelsicherheit (früher Marktamt) ist der Meinung, der Naschmarkt sei ohnehin ein großer Erfolg, da sich so viele Besucher_innen darüber wälzen, und will ihn zunehmend auch mit ‘Events’ bespielen. Wem daran liegt, dass für die steigende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Lebensmitteln auch in Zukunft ein zentraler Platz in Wien existiert, der sollte seine Meinung kundtun.
In anderen Städten bekommt einen neuen Marktstand, wer bei der Bewerbung das beste Angebot an Ware nachweisen kann, in Wien, wer die höchste Ablöse bezahlt. Die Stadt Wien hätte Möglichkeiten eine Wende zu bewirken: weg vom Absahnen des anonymen Touristenstroms und der reine Partymeile, hin zur Begegnung mit Lebenskultur.
Es gibt die Wahl!
Carl
Donnerstags am Schwendermarkt
https://www.facebook.com/schwendermarkt
club
Vielen Dank für den Tipp!
Keke Grüße aus der Redaktion!