Shokudo Kuishimbo
Das Shokudo Kuishimbo in der Esterhazygasse hat soeben eröffnet, eine zweite Heimat für Japanverliebte.
Seit einigen Wochen war die Eröffnung eines zweiten Kuishimbo in den Räumen des ehemaligen Restaurant Finkh in der lauschigen unteren Esterhazygasse angekündigt. Erst hieß es aufgesperrt wird irgendwann im Frühling, dann im Mai 2018. Am 15. war endlich der große Tag!
Die Familie Finkh und die Familie Numata …
Die Aufregung von Keisuke Numata und seiner Familie vor der Eröffnung der Depandance kann man sich vorstellen! Ich habe die Baustelle neugierig umkreist, denn die Sache mit dem neuen Lokal ist auch für einen ‚alten Fan‘ wie mich nicht unbedeutend. Mit dem Zusperren hat die ‚Finkh-Familie‘ ihren Heimathafen verloren.
Das Kuishimbo aber galt gleich als würdiger Nachfolger. Dessen Erweiterung wurde schon sehnsüchtig erwartet, denn zuletzt musste man sich abends im Stammhaus an der Linken Wienzeile fast täglich anstellen, um einen Platz zu bekommen, nicht selten war auch das vergeblich. (Anm.: Ebenso wie der Wunsch nach einer Reserviermöglichlkeit.) Das Ursprungs-Kuishimbo, noch von den Eltern Numata vor genau fünfzehn Jahren gegründet, ist ein richtiger Suppenladen nur mit Barhockern. Im neue Lokal gibt es Tische, die gut drei Mal so viele Plätze bieten und man kann hier auch reservieren.
Japanische Küche in Wien
So manche Genießer_innen, die in Japan die sehr spezielle japanische Küche kennen gelernt haben, sehen das Kuishimbo als eine Art ständige Vertretung Japans in Wien, die kleine Botschaft der japanischen Küchenkultur. In Japan entwickelten sich viele verschiedene Küchenstile, von der alltäglichen Hausmanskost, über die Bentobox, dem einfachen Izaka-ya Beiseln, Suppenläden, ausgefeilten Sushi-Bars bis hin zur höchsten Perfektion als Speisenbegleitung der Teezeremonie Kaiseki.
Von den etwa 150 als japanisch bezeichneten Lokalen in Wien bieten die meisten Sushi, allerdings in einer Qualität, die in Japan wohl kaum toleriert würde. Japanerinnen und Japaner leistet sich zu besonderen Gelegenheiten Sashimi, den edelsten rohen Fisch. Von den etwa zwanzig relevanten japanischen Lokalen Wiens liegen einige im Luxussegment, zu wenige bieten makellosen rohen Fisch, einige sind mehr und mehr sind weniger brauchbare Ramenlokale. Es gibt die allseits beliebte, asiatisch inspirierte Fusion-Küchengruppe und dann das Kuisimbo.
Soviel zum Alleinstellungsmerkmal dieses Winzlings.
Ich hatte Angst, das neue Kuishimbo würde anders sein als das alte.
Ich hatte Angst vor Maki mit Mayonnaise, dass alles frittiert und nichts mehr gekocht und gedämpft würde, es statt Udon und Soba nur mehr die trendigen Ramennudeln geben könnte. Angst vor den vielerlei bekannten, bunten Zugeständnissen an den Massengeschmack, die alles vereinheitlichen (vor denen man natürlich heute auch in Japan nicht gefeit ist). Ja, ich hatte Angst, dass meine Udon Suppe nicht heiß genug auf den Tisch kommt.
Aber nichts dergleichen ist passiert. Dafür, dass die Suppe auf dem jetzt nicht mehr nur zwei sondern mit etwa zwanzig Metern doch schon langen Weg aus der Küche in der unbedingt nötigen Temperatur bleibt, sorgen jetzt schwere Deckel auf dicken Steingutschalen.
Das Wesen der Japanischen Küche
Mit den Sommertemperaturen empfiehlt die sehr jahreszeitlich betonte japanische Küche gekühlte Sobanudeln. Auf der derzeitigen Soft-Opening-Karte des neuen Kuishimbo findet man sie in einer feinen Suppe, wahlweise mit süß frittiertem Tofu und Rindfleisch oder pur mit klassischer Soja-Dashi-Mirin-Sauce. Als Vorspeisen findet man leichte Köstlichkeiten, die man bereits aus dem ersten Lokal kennt: Auberginen, Spinat, Okra, Algen, Seetang, Oktopus, kleine Fische und große Klette etc. Bei den Hauptspeisen sind neben den Suppen die meist etwas deftigeren Reisgerichte ebenso empfehlenswert.
Kuishimbo 2
Im Kuishimbo 2 werden japanische Gerichte perfekt zubereitet. Man könnte Angst haben vor Gästen, die die Besonderheit des Kuishimbo nicht erkennen und es beurteilen wie irgendein ‚Fastfoodasiakettenlokal‘: Ob man auf der Karte findet, was man kennt, ob das Essen gleich serviert wird, ob es scharfe, rote Sauce gibt etc. – um dann mit ein paar ahnungslosen negative Kritiken im Internet alles zu ruinieren.
Aber mein Vertrauen zu den vielen Stammgästen ist größer, so etwas würde auch zwei Kuishimbos nicht erschüttern. Dass wer selbst höflich ist, hier nicht ebenso höflich behandelt wird, mit dem aller freundlichsten Lächeln und immer einer kleinen Verbeugung, kann ich mir nicht vorstellen.
Es begann mit einem Kochbuch …
Dem Kuishimbo verfallen bin ich durch eine früh geweckte Obsession für die Japanischen Küche mit einem ‘Time Life’ Kochbuch aus den 1970er Jahren. Ich konnte es etwa zwanzig Jahre später einer Freundin abschwatzen. Auch damals war es mir noch kaum möglich aus den Rezepten wirklich etwas herauszulesen, da ich mir von vielen der Zutaten keine Vorstellung machen konnte. Nachhaltig gefesselt haben mich die Fotos zur japanischen Lebensart und der Verarbeitung von Nahrungsmitteln (siehe bitte alle Kollagen-Fotos). Im Text ging man noch davon aus, dass man in Amerika und Europa den Genuss von rohem Fisch ekelhaft findet. So rasch kann sich die Vorstellung von genießbarem Essen vollkommen ins Gegenteil verkehren.
Bis zu meiner bisher einzigen direkten Annäherung an mein Sehnsuchtsland Japan habe ich den muffigen Gummitofu abgelehnt. Ich wusste einfach nicht, wie gut dieses Produkt schmeckt, wenn es qualitätvoll hergestellt wird. Die merkwürdigen Blöcke lagern immer noch in unseren Supermärkten und locken mit dem Wort ‚Bio‘ – links liegen lassen bitte! (Wien braucht unbedingt eine Frisch-Tofu Produktion!) Der Vielfalt an Zubereitungsarten von köstlichem, weichem aber schnittfestem Tofu kann man im Kuishimbo frönen.
Tofu, eine Entdeckung
Der frische, leicht mineralische Geschmacks von Tofu, richtig gekühlt mit einem Hauch fein gehobelter Flocken vom getrockneten Fisch und zarten Frühlingszwiebelringen. Oder als warmer Klassiker, mit einer dünnen Schicht Stärke umhüllter, frittierter Tofu in raffiniert abgeschmecktem Fond. Habe ich eine Variante bisher auf der Karte im Kuishimbo 1 übersehen oder ist die Sensation in Nummer 2 neu: Kalter Tofu mit in Salz knackig mariniertem, dabei jeden mürben Schinkenspeck übertreffendem Thunfisch, dazu so kräftige wie dunkle Sojasauce. Der auf der Zunge geschmeidig schmelzende Tofu, kombiniert mit der festen Fischtextur, funktioniert ebenso überzeugend wie der grazile Geschmack des Tofus sich gegen die beiden wuchtigen Gegenspieler durchsetzt.
Shokudo Kuishimbo
Wie schön, dass wir heute viele Möglichkeiten haben unseren kulinarischen Wünschen nachzugehen und unsere wahren Vorlieben zu entdecken. Wenn ich mich nicht gut fühle, ist mein liebstes Trostessen eine Misosuppe und nicht die Leberkäsesemmel. Es muss auch nicht gleich das nächstbeste Eckbeisl das Stammlokal sein. Stammlokale sind nach wie vor wichtig, dort fühlt man sich verstanden. Manche brauchen eins mit direkter Ansprache, wie im ‚Meshiya‘, dem kleinen Izaka-ya in Tokyo aus der Netflix Serie ‘Midnight Dinner’.
Nach meiner Erfahrung wird in Japan auch im kleinsten Izaka-ya Wert auf Qualität und Frische der Zutaten gelegt sowie Achtsamkeit auf die Zubereitung. Mir ist es wichtig den Geschmack der Speisen immer wieder bewundern zu können, dann bin ich im Essen zuhause.
Das Finkh ist zum Shokudo Kuishimbo geworden und schon mein neues Lieblingslokal.
“Totemo oishii des, arigato gozai mas!”
Meine innere Glückskatze winkt heftig!
Es kommt gerade eine tolle Nachricht von Herrn Numata via SMS: Im Kuishimbo 1 wird zukünftig seine Mutter ihre Lieblingsspeisen kochen!
Ob da die Warteschlange nicht schon wieder genauso lange ist?
Shokudo Kuishimbo
Esterhazygasse 12, 1060 Wien
Tel.: +43 676 55 30 727
web: https://www.facebook.com/pg/Shokudo-Kuishimbo-183193359067175/about/?ref=page_internal
Öffnungszeiten: Di bis Sa 17.00 – 22.00 Uhr
Nichtrraucherlokal