Brot aus dem Holzofen und mit Bedacht: Gragger & Chorherr
Vorgeschichte vom Markt
Auf dem Brunnenmarkt bäckt seit vielen Jahren die Bäckerei Trabzon Ekmek Firini in einem wunderschönen alten Holzofen einen Teil ihrer türkischen Brote.
Auf dem Meidlinger Markt gibt es seit kurzem einen Marktstand in dem ‘mediterranes’ Brot aus einem offenen Holzofen kommt – der Fladenladen Furat.
Die Bäckerei Felber bäckt ausschließlich ihr ‘Holzofenbrot’ in einem Holzofen. Das wurde aber laut Angaben der Firma, weil es derzeit coronabedingt zu aufwendig ist, vorübergehend aus dem Sortiment genommen. (Felber hat keine Filiale auf dem Naschmarkt mehr.)
Alle weiteren Holzbacköfen in Wien stehen in den Bio-Bäckereien von Helmut Gragger und seinen ‘Kumpanen’ – von compain = Genosse; com- = mit und panis = Brot.
Manches wird besser!
Hochwertiges Brot zu kaufen ist heute viel leichter als noch vor zehn Jahren. Es gibt quer über Österreich verteilt wieder Handwerksbetriebe, die auf Qualität setzen und Kund_innen, die das zu schätzen wissen. Gutes Brot braucht bestes Mehl, viel Zeit, handwerkliche Erfahrung und, wenn es zudem aus dem Holzofen kommt, schmeckt es noch einmal um Klassen besser. Der Meinung bin zumindest ich und allen voran wohl auch Helmut Gragger & Cie. ‘Cie’ steht als Abkürzung für Kompanie. Den Bäcker Gragger sollte man immer auch mit dem Blick auf sein Interesse an Kooperationen und sein soziales Engagement sehen.
Gragger – Mehr als eine Bäckerei
Der jüngste Zusammenschluß ist Gragger & Chorherr, der namensgebende Partner dabei ist der langjähriger Politiker Christoph Chorherr. In seiner Überzeugung, dass Bildung für soziale Gleichstellung einen hohen Stellenwert hat, trifft er sich mit Helmut Gragger. Beide setzen sich konsequent und tatkräftig dafür ein, jetzt auch mit dem gemeinsamen Bäckerei-Projekt.
Im Hintergrund von Gragger und Chorherr steht die Steuerberaterin Anna Holzinger, als stille aber ebenso überzeugte Visionärin.
Die Bäckerei mit Cafe im Nordbahnviertel wurde Ende letzten Jahres eröffnet, das Crowdfunding des Projekts Anfang dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen. Das Unternehmensziel ist es – kurz gefasst – mit guten Produkten aus besten Zutaten einen lebendigen Ort als Nahversorger zu schaffen, mit Mitarbeiter_innen, die eine neue Chance nutzen können. Natürlich wird ausschließlich im Holzofen gebacken.
Gragger & Chorherr liefern überall hin
Kaum hatte Gragger & Chorherr geöffnet, wurde coronabedingt das Cafe geschlossen und es war nur mehr der Verkauf an der gerade erst entstehenden Bruno-Marek-Allee im 2. Bezirk offen. Im gelben Haus!
Der überaus großzügige, sachlich gut gestaltete Geschäfts-Cafe-Back-Raum ermöglicht es immer mit ausreichend Abstand zu allen Personen einzukaufen.
Zudem wurde im März in Windeseile ein Zustelldienst, zuerst für das Nordbahnviertel, jetzt für den gesamten 2. Bezirk aufgebaut.
Das Gragger & Chorherr Brotrad, das schon seit letztem Jahr quasi als Vorbote für die neue Bäckerei in Wien unterwegs war, hat seinen Radius jetzt ausgedehnt vom Donauspital, bis zum Gasometer oder zur ehemaligen Markthalle Nußdorfer Straße / Ecke Alserbachstraße.
Wer damit immer noch nicht erreicht wird, kann seit Ende März das Brot von Gragger & Chorherr über markta.at, mit Hauszustellung in ganz Österreich, bestellen.
Es gibt aber, wie ich vom Festival Kruste und Krume (das nächste im März 2021) weiß, in vielen Bundesländern Holzofenbäckereien. In Salzburg zum Beispiel die berühmte Stiftsbäckerei St. Peter.
Brothandwerk von Ansfelden bis Berlin und im Senegal
Das neue Nordbahnviertel mit Bio-Brot zu versorgen ist aber nur ein Feld in dem Helmut Gragger tätig ist.
Zuerst konnten die Linzer_innen das den allerhöchsten Anforderungen gerecht werdende Gragger Brot genießen, als der junge Bäcker 1997 seinen ersten Holzbackofen in Ansfelden baute und zu ‘bespielen’ begann. Mittlerweile gibt es, laut der informativen Homepage, neun Reverenzöfen, die mit dem Kompagnon Markus Luger entwickelt wurden. Auf das spezielle mobile Ofenmodel für Märkte wäre ich sehr gespannt, habe es aber leider noch nicht gesehen.
Als ‘BackMa’s’ Caritas-Kooperationsprojekt werden in der Stammbäckerei in Ansfelden lernschwache Jugendliche ausgebildet. Bisher konnten dort 23 junge Bäcker_innen das Handwerk erlernen.
In einem ‘Social Business’ werden gemeinsam mit Partner_innen in Schwellen- und Entwicklungs- Ländern lokalen Gegebenheiten angepasste Kleinbäckereien errichtet, so zum Beispiel im Senegal. Der Gewinn dieser Betriebe fließt in weitere Ausbildung und soziale Aktivitäten vor Ort.
Auch die Berliner_innen müssen sich das Gragger Holzofenbrot nicht entgehen lassen. In Mitte und auf Wochenmärkten gibt es das in Kooperation mit Sara Wiener gebackene ‚Wiener Brot‘.
Virenfreier Freiluft Einkauf bei Gragger & Cie
In Wien kann man in der Gragger & Cie Filiale in der Spiegelgasse durch das romantische Fenster von der Strasse her einkaufen, ohne sich einer erhöhten Ansteckungsgefahr im Innenraum auszusetzen. Man ist dabei in den letzten Wochen kaum jemanden begegnen, denn nirgends war es so menschenleer wie im ersten Bezirk, der sonst von Geschäftskund_innen, Büroangestellten und Tourist_innen lebt.
Ein weiterer immer ruhig, fast bedächtig wirkender Freiluftort, um Gragger & Cie Brot zu erstehen, ist der Servitenmarkt, der den ganzen Donnerstag geöffnet hat: Ein entzückender kleiner Markt mit weiteren hochwertigen Ständen in fast französischem Ambiente.
Gragger & Cie Brotstände gibt es an der frischen Luft bei den Landparteienplätzen auf dem Kutschkermarkt, Karmelitermarkt und auf dem Kettenbrückengassenmarkt, die Dank des Wiener Marktamts weiter jeden Samstag alle vormittags geöffnet haben. Wer erst mittags kommen will, sollte bestellen, denn die Ware geht hier jetzt noch schneller über die Verkaufstische als sonst.
Wer auf den Vorgartenmarkt kommt, kann derzeit nicht nur in der wohlriechenden Filiale neben dem schönen Holzofen einkaufen, sondern ebenfalls direkt durchs sogenannte Brotfenster. Der sonst gut besuchte, aber nie überlaufene Markt unweit vom Praterstern hätte jetzt im Frühling herrlich mit neuen Ständen erblühen sollen – schade. Wer in der Nähe wohnt, sollte trotzdem zum Einkaufen vorbei schauen, auch wenn die Lieblings-Marktlokale geschlossen sind, oder nur Abholservice bieten die Stimmung am Markt ist überraschend gut.
Keine Panik – wir geben immer aufeinander Acht
‘So einen 2-Kilo-Laib Brot daheim zu haben, gibt schon ein Gefühl von Sicherheit’, sagt Helmut Gragger. Und ich kann die Freude über so ein bestes Backstück – das gut gelagert bis zu 14 Tage hält – unmittelbar nachfühlen.
Gragger kommuniziert gern offen und handelt überlegt. So war er auch jetzt bei der Bekanntgabe der ersten Maßnahmen für die Bevölkerung darauf bedacht, dass seine Mitarbeiter_innen und Kund_innen nicht von der Hektik überrollt werden. Gemeinsam hat man versucht, behutsam mit den Veränderungen umzugehen, damit niemand zusätzlich verunsichert wird.
‘Auf einander gut Acht geben’ und ‘Dass wir alle aufeinander schauen’ ist Graggers Botschaft, nicht nur für diese schwierigen Wochen.’Dass die Menschen jetzt mehr Brotbacken finde ich persönlich sehr positiv. Dadurch bekommt das Lebensmittel Brot eine ganz neue Wertigkeit: durch das Selber-Backen lernt man, worauf es ankommt, damit es schmeckt: nämlich hochwertige, natürliche Zutaten und Handarbeit.‘ meint Helmut Gragger.
Die österreichweite Bereitschaft, bei den kleinen Produzent_innen und Händler_innen, in kleinen Läden und auf dem Markt einzukaufen, statt bei den Konzernen, wird aber hoffentlich nach der Coronazeit zunehmen. So mussten etwa manche kleinere Bäckereien, vor allem in der Peripherie und in kleinen Städten, aufgrund coronabedingt niedriger Kundenfrequenz auf unbestimmte Zeit schließen.
Nur ein Netz aus kleinen Strukturen macht uns stark und widerstandsfähig, ermöglicht eine unabhängige gesunde Landwirtschaft und eine genussreiche Esskultur für alle.
Nach Corona muss VIELES noch besser werden!
Gragger und Chorherr
Alle Bezugsquellen und Verkaufszeiten der Filialen und Marktstände, Standplätze vom Brotrad, Bestell-Telefonnummern, Bestell-Links etc. auf den homepages von Gragger & Cie www.gragger.at sowie Gragger & Chorherr www.gragger-chorherr.at.
(Beitragsbild: Holzofenbrot am Kutschkermarkt, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at)