Ein Baguette unter dem Arm sich durch die Straßen und Menschenmenge den Weg bahnen –
so macht das Pariser Leben Spaß!
Ich dachte ja, nur ich muss dabei oft schon unterwegs die Spitze abbeißen, aber nein, bei aller französischer Disziplin beim Essen, da können auch die Französinnen und Franzosen oft nicht anders.
Wieder in Wien wollte ich mich gleich auf die Suche nach dem besten Baguette machen, das war kein Leichtes, aber es schmeckt und schmeckt und …
Ein klassisch französisches Baguette ist zwischen 55 und 65 Zentimeter lang und wiegt zwischen 250 und 300 Gramm.
Es kostet auch in Paris nur zwischen 1,00 und 1,30 Euro.
Wenn es heller als goldbraun ist, und eine dünne Kruste wie eine Semmel hat, also das, was wir in Österreich im Normalfall unter einem ‘Franzosen’ verstehen, scheidet es als echtes Baguette noch vor dem Kosten aus.
Die Chambre Professionnelle des Artisans Boulangers-Pâtissiers vergibt alljährlich den Grand Prix de la Baguette – und der zählt wieder was. Bei den besten Boulangerien stellen sich die Pariser_innen gern lange an, um das allerfeinste Baguette nach Hause zu tragen.
Die berühmte Brotstange muss außen richtig hart und knusprig sein! Sie wird vor dem Backen mehrfach schräg eingeschnitten, um besonders viel von dieser guten Kruste zu erhalten.
Wenn man es bricht, und man soll es bei Tisch durchaus brechen und nicht vorab geschnitten servieren, soll es knistern und krachen. Das darf kein lautlos fades Auseinanderziehen sein! Der echte Baguettteig ist löchrig, je mehr, je unregelmäßiger und größer die Löcher, um so besser.
Das Innere muss saftig und schwer sein, Experten vergleichen die gewünschte Konsistenz gerne mit Gummi. Die Kauwerkzeuge sind dann ordentlich gefragt, das Baguette ist nicht so schnell runtergeschluckt wie ein Semmerl, dabei ist der Vater ‚der Baguette‘ vielleicht ein Österreicher.
Der Wiener Auguste Zang ging um 1930 nach Paris und eröffnete dort die erste Bäckerei mit Dampfofen.
Er ließ Kipferl backen und andere Viennoiseries („Wienereien“ bzw. süßes Gebäck), aus denen nachweislich das Croissant wurde. Ob diese auch Anregung für die Erfindung des Baguettes waren ist umstritten. In jedem Fall wurde es in den folgenden Jahrzehnten zu ‘dem Brot der Franzosen’, denn es gibt Erhebungen, wonach vor dem ersten Weltkrieg jeder Franzose und jede Französin drei Stangen pro Tag gegessen hat. Demnach schaffte vor 40 Jahren die Durchschnittsfranzös_in noch ein ganzes Baguette täglich, heute ist es nur mehr ca. ein halbes.
Die Baguette war in den letzten Jahren in der Krise, sagen die Französ_innen. Die Variante ‚Tradition‘, die heute von Kennern noch lieber gekauft wird, hat es gerettet. Die Vorschriften was drinnen sein darf sind dafür besonders streng. Es ist dunkler gebacken, beim Reinbeißen hört man ein Knacken und Knuspern, dass es eine Freude ist. Es hat große Poren und einen saftigeren, schwereren Teig mit kräftigem Biss. Es gleicht in fast nichts mehr dem, was wir so gemeinhin als Weißbrot verstehen. Auch wenn das Gegengewicht von knusprigem Außen und saftigem Inneren nachlässt schmeckt es doch einige Tage lang – dann aber am besten getostet.
Das französischste Baguette Wiens gibt es ohne Frage im Beaulieu in der Ferstlpassage
(tres chic!). Kein Wunder, es kommt – tiefgekühlt – direkt aus Paris und wird hier aufgebacken. Was es von allen Wiener Baguettes am deutlichsten unterscheidet, ist der Widerstand des Teiges: man kaut und kaut fast schon versonnen, und dabei schmeckt es natürlich bis zum Runterschlucken köstlich. Was ihm leider fehlt ist die wirklich knackige Kruste. Das Beaulieu gibt mir das berückende Gefühl, in Frankreich zu sein, ganz ohne nachdenken zu müssen, ob ich ‚une baguette‘ oder doch ‚un baguette‘ ordern muss, weil eigentlich ist es ja ‚die Baguette‘.
Mein zweiter Tipp war Gragger, immerhin hat er das berühmte Brot der Pariser Bäckerei Poilane für einen Herrn Palmers so gekonnt als „P“-Brot imitiert.
Aber dieses Baguette sollte besser anders heißen, um keine falschen Erwartungen zu wecken.
Es ist ein sehr gutes Brot, aber ohne feste Kruste und es hat einen ganz weichen, dichten, kleinporigenTeig. Ich habe eher an ein Wachauerlaibchen gedacht, keineswegs schlecht, aber weit weg von Frankreich. Wäre ich eine erfolgreiche Unternehmerin wie Palmers, würde ich Helmut Gragger wie dieser einen Brief schreiben und um ein echtes Baguette im Sortiment bitten. Aber Hallo: vielleicht darf ‘kek’ …! Es muss ja dann nicht gleich kek-Baguette heißen.
Bisher hab ich mein Baguette immer beim Felber gekauft, und die Lust daran ist mir nach den Pariserfahrungen nicht vergangen.
Auch wenn die Qualität in den letzten Wochen in ‚meiner‘ Filiale am Naschmarkt schwankte – das hängt wohl davon ab wer es vorbereitet und wer es in den Backofen schiebt. Alles okay, aber ohne Hefe und Sojamehl wäre es sicher noch besser.
Josephs Baguette Artisan ist das dunkelste von allen und hat die festeste und damit beste Kruste.
Die Krume (der innere Teig) ist aber nicht von so fester Elastizität, wie man es sich als ‘echte Franzö_sin‘ wünscht. Drinnen ist, wie es sich gehört, nichts als Bio Weizenmehl, Bio Roggenvollkornsauerteig, Bio Roggenmehl, Wasser und Meersalz.
In Frankreich verwendet man Hartweizen, ob das das Geheimnis ist?
Kasses bäckt einzigartiges Holzofenbrot.
Das Baguette Campagne hat einen sehr guten Geschmack, wäre es allerdings in französischer Manier schlanker, wäre das Verhältnis von Kruste und Krume idealer.
Dass es ebenfalls kein klassischer ‘Franzose’ ist liegt vielleicht daran, dass man das Baguette in Österreich lieber ein bisschen weicher mag, so wie das mit dem al dente kochen von Pasta außerhalb Italiens nicht so wichtig genommen wird.
Baguette-Fazit zu den Besten der Besten:
Die österreichischen sind genauso ‘gschmackig’, aber geben zu leicht nach.
Die französischen beherrschen selbst das Nichts des Löchrigen perfekt und haben zudem eine knusprigere Hülle.
War das irgendwie zu erwarten?
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BEAULIEU Épicerie fine & Bistrot
Herrengasse 14, Ferstelpassage, 1010 Wien
Mo bis Sa 10.00 – 23.00 Uhr, So 10.00 – 18.00 Uhr
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Gragger & Cie – Holzofenbäckerei Gmbh
Spiegelgasse 23, 1010 wien
Mo bis Fr 8.00 – 19.00 Uhr, Sa 8.00 – 18.00 Uhr
und unter anderem auf Wiener Märkten:
1. Bezirk – Biobauernmarkt auf der Freyung
2. Bezirk – Karmelitermarkt, slow food wien corner, Sa 8.00 – 13.00 Uhr
Bald auch am Vorgartenmarkt!
4. Bezirk – Naschmarkt, Bio-Eck (U4 Station Kettenbrückengasse), Sa 7.00 – 14.00 Uhr
18. Bezirk – Kutschkermarkt, Sa 7.00 – 13.00 Uhr
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Felber
Am Naschmarkt, Stand 290, 1060 Wien
eine der vier ‚ofenfrisch‘ Filialen, weitere Filialen in fast allen Wiener Bezirken.
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Joseph
Naglergasse 9, 1010 Wien
Landstraßer Hauptstraße 4, 1030 Wien
Mo bis Fr 7.00 – 19.00 Uhr, Sa 8.00 – 18.00 Uhr
sowie unter vielen anderen Verkaufsstellen:
ADAMAH BioMarkt-Stände:
Donnerstag, Freitag, Samstag: Vorgartenmarkt, 1020 Wien
Freitag: Bio-Wochenmarkt im WUK, Währinger Straße 59, 1090 Wien
Freitag: Bio-Lerchenfeldermarkt vor der Altlerchenfelder Kirche, 1070 Wien
Samstag: Bio-Servitenmarkt Servitenplatz 1090 Wien
Pöhl am Naschmarkt Stand 167, 1060 Wien
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Kasses
Hauptstraße 11, 3842 Thaya
sowie unter anderem:
Kaas am Markt: Karmelitermarkt 33–36, 1020 Wien
Pöhl am Naschmarkt 167, 1060 Wien
Pöhl am Kutschkermarkt 31, 1180 Wien
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Vielleicht gibt’s das allerbeste Baguette Wiens ja hier zu essen?
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