Breze, Kruste und Krume, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Kruste und Krume, eine Nachlese zum Brotfestival 2019

‘Prost!’ lassen zwei Bäcker fröhlich die Biergläser klingen, vor dem kräftigen Sound der Blasmusikkapelle, die gerade auf die Showbühne kommt. Ein echtes Volksfest denke ich bei mir, da gehört das Frühschoppenbier dazu, auch wenn wir nicht am Land, sondern in Simmering sind …

Früh waren die 40 Bäcker und Bäckerinnen an diesem Samstag, dem 23. März 2019 schon in den Backstuben, noch früher als es sonst nötig ist, um heute frisch für das eintägige Wiener Brotfestival „Kruste und Krume“ zu backen. Viele haben außerdem einen langen Anfahrtsweg in die Marx Halle hinter sich. Und bevor das Publikum um 9 Uhr die Veranstaltung stürmte, mussten die Stände fertig aufgebaut sein. Da ist am späten Vormittag schon ein Tagwerk vollbracht, auf das man anstoßen kann, auch wenn der Tag noch lang wird.

Während ich – wie wohl der eine oder die andere der 6000 Besucher_innen, die es an diesem Tag werden sollten – erst gerade vom Frühstück komme. Für viele spricht nichts dagegen, sich gleich auf ein Bier zu stürzen. Und warum nicht dazu eine der besten Leberkäsesemmeln oder doch das „Pulled Gansl“ im Pidebrot mit feinen Frühlingskräutern genießen? Dabei sollte man hier beim Kruste und Krume Brotfestival vor allem die Gelegenheit nutzen pures Brot zu verkosten.
Aber all die Köstlichkeit drauf und drin und rundherum!

 

Brotlaibe, Kruste und Krume 2019, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Brotlaibe, Kruste und Krume 2019, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Den Gerstensaft sehen manche mit einem Augenzwinkern gerne als flüssiges Brot, genau so wichtig wie unser eigentliches Grundnahrungsmittel. Gerste ist ein Getreide, das sich nur schwer zu Brot backen lässt, habe ich mir sagen lassen.
Weizen ist in jeder Hinsicht am unkompliziertesten und hat in den letzten Jahrzehnten alle anderen Brotgetreide verdrängt. Gerade noch der Roggen durfte im dunklen Brot vorkommen.

Beim Kruste und Krume Festival ist es der Initiatorin Barbara van Melle wichtig, dass die seltenen Brotgetreide im Vordergrund stehen. Dinkel ist ja zum Glück schon wieder in aller Munde, aber auch Einkorn, Waldstaudenkorn oder Emmer sollen wiederbelebt werden – am besten bio! Tatkräftigen Einzelpersonen verdanken wir, dass regionale Sorten wie Lungauer Tauernroggen, Schlägler Roggen, Laufener Landweizen oder Ebners Rotkorn nicht vergessen wurden.

 

Handgemachtes Gebäck am Brotfestival 2019 in der Marx Halle, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Handgemachtes Gebäck am Brotfestival 2019 in der Marx Halle, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Die zum Festival extra Angereisten und auch die Wiener Brot Aficionadas und -os wissen bereits um den guten Geschmack und die besonderen Backeigenschaften dieser speziellen Getreidesorten. Sie scharen sich schon um die Sauerteigtröge. Dort kann man einen „Heinz“ oder „Norbert“ erwerben und über deren unterschiedliche Qualitäten fachsimpeln. Auch darüber, wo man seinen Sauerteig im Urlaub zur Betreuung abgeben kann.

Ich habe es nicht geschafft, mich da ganz nach vorne zu drängeln und gehe lieber einmal in die Kruste und Krume Greißlerei, in der Heumühlgasse, um mich in Ruhe beraten zu lassen. Es gibt natürlich so viele Brotthemen, dass man einen ganzen Festivaltag lang diskutieren könnte. Vom Glyphosat und anderen Giften bis hin zur Glutenunverträglichkeit und deren ursächlichen Zusammenhang. Über den Sonntagskuchen, warum der einmal mehr oder weniger aufgeht, oder einfach, welcher einem am besten schmeckt.

 

Objektiv aufs Brot gerichtet, Kruste und Krume, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Objektiv aufs Brot gerichtet, Kruste und Krume, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Viel los war beim 4. Kruste und Krume Event auch, weil heuer die „Hauptbäckereien“ die Möglichkeit bekommen haben, ihre Partnerbetriebe mitzubringen, damit diese ihre speziellen Produkte vorstellen können. Da gibt es dann eben vom Leberkäse bis zum Tofu eine breite Palette. Manchen gefällt das, manche finden alles, was über die Brotherstellung hinausgeht für ein Brotfest zu viel des Guten.

Die zu vermittelnde Kerninformation wäre alles über Getreide, Mehl, Brotgewürz und Salz und die Freude an deren guter Qualität. Vielleicht gerade noch Butter und Käse meinen einige, oder Honig und Marmelade? Aber wer Marmelade macht, macht eben auch Fruchtsaft und dann fanden sich heuer beim Festival auch einige Weinbaubetriebe …

 

Brotauswahl, Kruste und Krume 2019, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Brotauswahl, Kruste und Krume 2019, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Das groß gedachte Konzept der „Brot Ländereien’“, um alle Bezüge der guten Lebensmittel aufzuzeigen, bringt sicher viele Menschen zu einem besser überlegten Einkaufsverhalten. Nicht lange ist es her, da haben selbst Feinschmecker_innen, denen kein Weg in ein Delikatessengeschäft zu weit war, irgendein Billigbrot am Nachhauseweg mitgenommen.

Auch, dass nicht nur kleine feine Handwerksbetriebe beim Festival dabei sind, sondern der ein oder andere Platzhirsch einen großen Stand hat, ist wohl sinnvoll, um ein breites Publikum zum Brot zu bringen und zugleich spezielles Brot zu einer immer weiter wachsenden Gruppe von nicht bequemen Kenner_innen.

 

Gebäck, Brot, Impressionen vom Brotfestival, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Gebäck, Brot, Impressionen vom Brotfestival, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

„Das ist ein Brot wie es früher war!“ freut sich dann jemand über die Entdeckung vor dem Korb einer Bäuerin mit dem traditionellen Slow-Food-Brot, das diese selbst gebacken hatte. Ein schmaler Laib dichtes, hartes Vollkornbrot. Ganz im Gegensatz zum neuen Trendbrot mit weicher, stark aufgegangener Krume und dicker knuspriger Kruste. Die Vielfalt der Brotsorten ist gerade das Schöne an diesem Zusammenkommen der Handwerker_innen und Genießer_innen.

Ganz besonders bei den internationalen Bäcker_innen, die aus fünf Nachbarländern und sogar Polen und Rumänien ihr Brot nach Wien gebracht haben. Der Gemeinschaftsstand „Brothandwerk in Kärnten und Osttirol“ ist hoffentlich auch nächstes Jahr wieder dabei! Natürlich wird es ein weiteres Kruste und Krume Festival geben!?

 

Impressionen, Kruste und Krume 2019, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Impressionen, Kruste und Krume 2019, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Eine Stunde vor Schluss ist dann kein Gedränge mehr in der Festhalle, eine entspannte Stimmung findet ihren Raum. Den Bäcker_innen sieht man die Erschöpfung an, aber auch Zufriedenheit. Die Besonderheiten sind ausverkauft. Es gibt keinen Sauerteig mehr und in den Brotkörben des ungarischen Bäckers sind zurecht nur mehr Brösel. Seinen Vortrag auf der großen Bühne habe ich wie viele andere sicher informative Beiträge leider verpasst.

Draußen in der warmen Frühlingsluft strahlen mir Tulpen entgegen, auch eine schönes Paar:
Pane e Tulipane – Brot und Tulpen.

 

Getreidesorten, Brotfestival 2019, Bild (c) Mischa Reska - kekinwien.at

Getreidesorten, Brotfestival 2019, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at

 

Kruste und Krume 2019

Das Brotfestival findet seit 2016 ein Mal im Jahr statt. Heuer war dies am 23. März 2019 der Fall, die Marx Halle war zum ersten Mal der Festivalort.
web: www.krusteundkrume.at

Kruste&Krume Greißlerei

Heumühlgasse 3/1, 1040 Wien
Tel.:+43 664 9264772

Öffnungszeiten: Mi und Do 13.00 – 18.30 Uhr, Fr 10.00 – 13.00 und 13.30 – 18.30 Uhr
(Achtung: Der Betriebsurlaub findet in der Karwoche statt. Die Greißlerei ist daher auch am 17./18./19.April 2019 geschlossen.)
(Beitragsbild: Auf dem Brotfestival Kruste und Krume, Bild (c) Mischa Reska – kekinwien.at)

 

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