Wo bleibt der Frühling?
Alles hat seinen Preis.
Der Arabische Frühling nahm seinen Ausgang im Dezember 2010 in Tunesien nachdem ein junger Gemüsehändler sich selbst angezündet hatte. Immer wieder wurde er bei der Ausübung seines Berufes auf dem Markt durch Vorschriften der Behörden behindert. Als er nicht mehr wusste, wie er weiterhin genügend für sein Überleben erarbeiten könnte, nahm er sich das Leben. Die Entrüstung über diese Verzweiflungstat führte zum Massenaufstand.
Nicht nur in Tunesien war die Hoffnung groß, dass der Arabische Frühling zu mehr Gleichheit und Gerechtigkeit führen würde.
Eine erfolgreiche Demokratisierung ist aber nicht eingetreten, auch wenn manche in Europa das immer noch gerne so sehen würden. Die neuerlichen Demonstrationen in diesem Jahr machen das deutlich.
Die Mehrheit der tunesischen Bevölkerung kann sich heute weniger leisten als vor sieben Jahren. Vor allem die Lebensmittelpreise sind stark gestiegen. Die Revolution ist gescheitert. Wird es weitere geben? Oder wird die Möglichkeit, etwas im Leben zu verbessern, für die Bevölkerung unbefriedigte Sehnsucht bleiben?
Der Markt als Keimzelle
Aufstände der unterdrückten Bevölkerung gehen oft von Marktplätzen aus. Hier versammeln sich die Menschen, tauschen Neuigkeiten untereinander aus und auch ihre Verzweiflung darüber, Waren nicht verkaufen oder kaufen zu können, ohne selbst Einfluss auf die Preise zu haben.
Märkte haben in Europa diese Funktion durch ihr Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit verloren. Supermärkte und Discounter sind in den Städten an jeder Ecke zu finden und am Land flächendeckend (was man im Sinn des ‘Zu-betonierens’ wörtlich verstehen muss). Die meisten gut funktionierenden Märkten werden von durchwegs wohlhabenderen Bevölkerungsschichten aufrecht erhalten. Sowohl Verkäufer_innen, als auch als Käufer_innen sind dort weit mehr aus Überzeugung oder Liebhaberei, denn ob der einzigen Möglichkeit das Überleben zu sichern. Für Marktstandbetreiber_innen ist der Preiskampf gegen die Konzerne auch im Bio-Lebensmittelbereich oft einfach nicht zu gewinnen – eine Tatsache, die zum Beispiel auch der umfassenden Bioanbieter Adamah schwierig findet.
Bedrohte Märkte
Kleinere Märkte, die den Status eines blühenden Szene-Markts nicht erreicht haben, gehen nach wie vor ein wie Pflanzen, die nicht gegossen werden. Selbst im bevölkerungsreichen Wien scheint es derzeit nicht genügend Menschen zu geben, die davon überzeugt sind, dass das Einkaufen auf dem Markt die bessere Lebensform ist, als die Konzernabhängigkeit. Man kann es kaum glauben. Selbst auf dem Meidlinger – und auf dem Vorgarten – Markt profitieren die Lebensmittelstände zu wenig von den Menschen, die die Lokale dort besuchen.
Meinungsmacher_innen aus diversen ‘Food-Szenen’ versuchen immer wieder zu demonstrieren, dass man für den Markteinkauf im allgemeinen kein höheres Budget braucht als für den Einkauf beim Discounter. Es braucht nur Freude am selber Kochen und Improvisieren sowie ein wenig Erfahrung, wie man mit Lebensmitteln und deren Lagerung umgeht. Die Zeit kann sich fast jeder nehmen, wenn es einem das wert ist.
Eine Frage des Preises …
Der wohl billigste Markt in Wien mit dem besten Angebot ist der Viktor-Adler-Markt, vor allem mit dem beeindruckenden täglichen (außer Sonntag) Straßenmarkt auf der Leibnizgasse. Ebenfalls günstig ist der große Brunnenmarkt, die Breite des Angebotenen ist aber im Vergleich etwas klein. Am billigen Hannovermarkt mangelt es nach meinem Empfinden oft an der Qualität.
Auf diesen Märkten macht nicht nur beim Gemüse und Obst aber meist die Menge den Preis. Wer keine Großfamilien-Menge kaufen will, bekommt dann doch ein Plastiksackerl mit einem Kilo in die Hand gedrückt, weil die Verkäufer_innen meinen, weniger rentiert sich nicht. Und das kann man bei einem Saisongemüse-Preis von oft nur einem Euro pro Kilo auch verstehen.
Auf einem Markt braucht man sich nur umzudrehen oder ein paar Schritte zu gehen, um mit dem nächsten Stand das Preisleisungsverhältnis des Gebotenen zu vergleichen. Wer sich umschaut, findet auch auf den als hochpreisig geltenden Märkten bei den Ständen mit allerbester Qualität Günstiges.
Geht auf dem Markt einkaufen bitte!
Ich habe in den vergangenen Wochen auf vielen der Wiener Märkte und auf der Salzburger Schranne die derzeitige Winter-Preise für saisonales Obst und Gemüse notiert. Angebote offensichtlich minderer Qualität habe ich nicht in meine Liste aufgenommen. Die Preise für biologisches oder konventionelles Gemüse sind nicht getrennt, da es sich nicht als aussagekräftig heraus gestellt hat.
In wie weit optisch perfektes, oder vor allem geschmacklich gutes Gemüse man braucht, muss man in jedem Fall selber entscheidend. Die Herkunft, ob von Selbstvermarkter_innen aus der Umgebung oder über lange Transportwege herangeschafft, sollte Konsument_innen auch interessieren.
Viele von uns müssen sehr genau auf den Preis schauen. Gerade die wenigen, die das nicht brauchen, haben oft die meiste Angst auf dem Markt über den Tisch gezogen zu werden. Schön wäre es, wenn es einen fairen Tausch gäbe, der alle zufrieden macht.
Bitte gerne um Ergänzungen meiner Saisongemüse – Preis – Aufzeichnungen!
(Alle Preise in Euro und ohne Gewähr.)
Der Markt im Winter:
Äpfel kg 0,50 bis 3,40
Birnen kg 2,20 bis 5,90
Granatäpfel kg 1.- bis 3.-
Orangen kg 1.- bis 4,40
Satsumas oder Clementinen kg 1.- bis 5.-
Mandarinen kg 3,50 bis 6,80
Kartoffeln kg 1.- bis 3,50
Kürbis kg 2.- bis 2,50
Topinambur kg 3,50 bis 6,80
Zwiebel gelb kg 1.- bis 2.-
Zwiebel weiß, rot kg 2,50 bis 3.- (spezielle Sorten wesentlich mehr)
Frühlingszwiebel Bund 0,50 bis 2,20
Lauch kg 3.- bis 4,90
Endieviensalat kg 2,30 / Stück 1.-
Zuckerhut-Salat kg 2.- bis 2,90
Vogerlsalat 100g! 2.- bis 2,20
Puntarelle kg 4,90 bis 8,80
Radiccio Tardivo! kg 6,50 bis 19.-
Karotten orange kg 1.- bis 1,20
Karotten violett kg 1.- bis 4.-
Pastinaken kg 2,50 bis 4,60
Petersilwurzeln kg 2,50 bis 4.-
Sellerieknollen kg 2.- bis 3.-
Gelbe Rüben (länglich) kg 1,60 bis 2,50
Steckrüben (weiss/magenta) kg 1,80 bis 3,60
Feldrüben (gelb, rund) kg 1,60 bis 2,50
Rote Rüben (Rohnen/Rana) kg 1,40 bis 1,90
Gelbe Rüben (Rohnen/Rana) kg 1,60 bis 2.-
Rot-weiß gestreifte Rüben kg 2.- bis 4,90
Schwarzwurzeln kg 4,50 bis 6,80
schwarzer Rettich kg 1,20 bis 1,80
weißer Rettich (Radi) Stück 1.- bis 1,50
Weißkraut kg 1,20 bis 1,80
Blaukraut kg 1,40 bis 1,90
Spitzkraut (weiß) kg 1,60 bis 3,90
Kohlsprossen kg 3,90 bis 6.- (ein mal 16,90!)
Chinakohl kg 1,50 bis 3,50
Wirsing kg 1,50 bis 2,50
Grünkohl kg 1,80 bis 2,80 (ein mal 7,80!)
Schwarzkohl kg 6,80 bis 7,80
Liza Splett
Der Markt kommt insofern nicht oder nicht wesentlich teurer als der Supermarkt, weil ich bei den Markthändlern als Single jederzeit 3 frische Kartofferln kaufen kann, anstatt des 2-kg-Sacks bei Billa & Co. Wovon dann 2/3 auswachsen und in den Müll wandern. Und 1 Fenchelknolle oder 1 Aubergine anstatt des obligatorischen Doppelpacks, dazu noch in Plastik verpackt.
Vom Geschmack gar nicht zu reden.