Pichlmaiers Zum Herkner, Foto (c) Claudia Busser- kekinwien.at

Die Vorstadt hat wieder ein nennenswertes Gasthaus: Die Pichlmaiers beim Herkner haben offen.

Betritt man das schmuck renovierte, ehemalige Traditionsgasthaus Zum Herkner in Hernals, kommt einem die Crème de la Crème der früheren Servicemannschaft des Fabios entgegen: Christiane Pichlmaier war dort damals, damals „meine“ zuverlässige und aufmerksame Barchefin, ihr Mann Martin leitete souverän (alternierend mit Michael Kahovec) das Restaurant und die wunderbare Lisa Hetzmannseder lässt heute immer noch die Sonne scheinen, wo auch immer ich sie treffe. Innehalten und Verwirrtsein waren also eins beim ersten Besuch bei den Pichlmaiers Zum Herkner.

Das fühlt sich schon ein wenig seltsam an, hier an der Endstation der Straßenbahnlinie 43, wo Hernals nicht mehr Hernals ist, sondern mehr Dornbach, also weniger Zinshaus als Villa mit Garten. Andererseits ist man sofort zuhause, ganz so wie die anderen üblichen Verdächtigen, die man sonst beim Nobelitaliener, Asiaten oder im Roberto trifft. Für gutes Essen fährt man halt gern ein Stück.

Denn das bekommt man bei den Pichlmaiers wahrlich, ein gutes Essen. 

Wir haben nichts ausgelassen im vollen Wirtshaus am offiziellen „Tag Zwei“. Kein wochenlanges Soft Opening oder sonstige offensichtliche Provisorien übrigens im gemütlichen Lokal: Die Mannschaft startet in Küche und Service gleich voll durch und man ist dankbar, dass nicht wie sonst schon beinahe üblich am Gast geübt wird.
Wir hatten das:

Häuptelsalat mit Schwarzwurzel & Frischkäse € 11,00, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Häuptelsalat mit Schwarzwurzel & Frischkäse € 11,00, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Hausgemachte Teigtascherl mit Bröseltopfen gefüllt & Topinambur € 12,50, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Hausgemachte Teigtascherl mit Bröseltopfen gefüllt & Topinambur € 12,50, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Zunge & Bries vom Kalb mit Sellerie & Haselnuss € 13,50, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Zunge & Bries vom Kalb mit Sellerie & Haselnuss € 13,50, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Kotelette vom Duroc-Schwein mit Zwiebel, Senf & Grammelknödel € 16,00, Foto (c) Claudia Busser- kekinwien.at

Kotelette vom Duroc-Schwein mit Zwiebel, Senf & Grammelknödel € 16,00, Foto (c) Claudia Busser- kekinwien.at

Rieslingbeuschl mit Semmel-Lauchroulade € 10,50, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Rieslingbeuschl mit Semmel-Lauchroulade € 10,50, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Gulasch mit Ei, Gurke & Knödel € 13,50, Foto (c) Claudia Busser -kekinwien.at

Gulasch mit Ei, Gurke & Knödel € 13,50, Foto (c) Claudia Busser -kekinwien.at

Gesamtnote: Es war sehr gut, es hat uns sehr geschmeckt.

Doch Achtung, dies wird nach dem Salonplafond mein zweiter Feldzug gegen den ebenso gedankenlosen wie inflationären Einsatz von Kresse (im Winter, der zugegeben an leicht verfügbaren frischen Kräutern arm ist). Alles, was auf meinem Teller ist, soll essbar sein, und außerdem Teil eines harmonischen Geschmackserlebnisses oder zumindest eines interessanten. Wenn aber von sechs pikanten Gerichten vier mit Kresse „dekoriert“ sind, dann ist der Koch entweder ein glühender Verehrer dieses durchaus eigenwilligen Geschmacks oder er erliegt der Versuchung seine Werke zu „verhübschen“.

Die Speisekarte vom 15.1.2016 (im Original mit Allergenangaben) folgt mit Anmerkungen im Detail. Insgesamt huldigt man der Wiener Küche und ist ziemlich mild unterwegs, wenn ich das mal so salopp sagen darf.
Die Klassiker gibt es immer, die Tageskarte wechselt und ist die Spielwiese der Küche. Angenehm ist, dass viele Gerichte in zwei Größen angeboten werden. Man beachte die Weinkarte, die vorwiegend das Beste aus Österreich zu bieten hat. Wir hatten vom Offenen den Pinot Noir / Markowitsch, einen Grünen Veltliner Haidsatz / Hebenstreit und den Gemischten Satz / Polz. Aber im Keller liegen außerdem ein paar großartige Franzosen, Italiener und Spanier wie man hört!

Klassiker:

  • Rieslingbeuschl mit Semmel-Lauchroulade € 10,50 / € 14,50
    Angenehme Säure, perfekte Konsistenz, betörender Duft, die leicht angebratene Roulade als Beilage auch grandios: An diesem Tag sicher das beste Beuschl der Stadt. Man ist traurig, wenn man die Gabel nach dem letzten Bissen beiseite legt. Merke: Auf alle Fälle eine große Portion bestellen!
  • Beef-Tatare mit Senfmayonnaise & Bauernbrot € 14,00 / € 18,50
  • Gulasch mit Ei, Gurke & Knödel € 9,50 / € 13,50
    Mild und nachsalzbar, sämiges Safterl, mürbes Fleisch, alle klassischen Accessoires vorhanden, die Knöderl ein bisserl fade, aber erfreulich insgesamt.
  • Wiener Schnitzel mit Petersilerdäpfeln & Gemischtem Salat € 11,00 / € 19,00
    Von nennenswerter Größe erfreute es die Herren am Nebentisch auch geschmacklich sichtlich.
  • Zwiebelrostbraten Kipfler & Gurkerlsenf € 13,50 / € 19,50
  • Gekochtes Rindfleisch des Tages nach Tagesangebot
  • Hausgemachte Krautfleckerl  € 9,00 / € 12,00

Vorspeisen:

  • Marinierter Kalbskopf mit Käferbohnen & Vogerlsalat € 13,00
  • Gebeizte Lachsforelle mit Rettich & Brunnenkresse  € 14,50
  • Häuptelsalat mit Schwarzwurzel & Frischkäse € 11,00
    Dieser Salat wird wohl kein Lieblingsessen, zwar alles frisch, aber insgesamt eher langweilig; das Highlight: die Karotte vom Grill.

Zwischendurch:

  • Zunge & Bries vom Kalb mit Sellerie & Haselnuss € 13,50 / € 18,00
    Leider nur ein Streiferl Zunge und sehr wenig Bries, aber sehr spannend die Kombination mit Haselnuss und eine wahrlich betörende Sauce. Entweder mehr von den Namensgebern auf dem Teller oder runter mit dem Preis für die kleine Portion, denkt man sich.
  • Flusskrebse mit Karfiol & Trauben € 17,00
  • Hausgemachte Teigtascherl mit Bröseltopfen gefüllt & Topinambur € 12,50 / € 16,50
    Der Bröseltopfen fällt geschmacklich nicht auf, aber die Gesamtheit der Aromen macht glücklich am Gaumen; auch hier ein nicht so tolles Preis-Leistungs-Verhältnis für unser Empfinden.

Hauptspeisen:

  • Seebaibling Kohlrabi Dill & Brückner Erdäpfel € 17,00 / € 23,50
  • Kotelette vom Duroc-Schwein mit Zwiebel, Senf & Grammelknödel € 16,00 / € 23,50
    Flaumige Grammelknödel, himmlische Sauce, das Filet zart, das Fleisch am Knochen eher nicht.
  • Brust & Keule vom Maishendl mit Karotten & Emmer € 21,00
  • Moschus – Kürbis mit Lauch Cox-Orange & Quinoa € 13,00 / € 17,00

Nachspeisen:

Wir konnten einfach nicht mehr, nicht einmal einen Espresso, der eigens für das Lokal geröstet wird. Vielleicht kommen wir das nächste Mal am Nachmittag quasi auf Kaffee und Küchen vorbei, weil besonders die Schokoladeschnitte und die Topfenknödel haben schon verdammt gut ausgesehen.

  • Schokoladeschnitte mit Brombeeren & Zimtblüteneis € 11,00
  • Topfenknödel mit Nougat, Marzipan & Holler € 10,50
  • Mohntarte mit Gewürzzwetschken & Joghurt € 10,00
  • Dreierlei Sorbets € 7,00
  • Käse mit Trauben & Chutney € 13,50
Die Pichlmaiers besprechen sich vor dem großen Ansturm, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Die Pichlmaiers besprechen sich vor dem großen Ansturm, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Die eleganten Lampen (innen Gold, außen Schwarz) federn die Schihüttenromantik der Stühle ab, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Die eleganten Lampen (innen Gold, außen Schwarz) federn die Schihüttenromantik der Stühle ab, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Pcihlmaiers Zum Herkner: ein Ort zum Wohlfühlen und Genießen, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Pcihlmaiers Zum Herkner: ein Ort zum Wohlfühlen und Genießen, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

Die Stammgäste von früher sind jetzt auch wieder da bei den Pichlmaiers Zum Herkner.

Ich würde meinen, sie machten etwa ein Drittel der Klientel aus an diesen zweiten, ganz offiziellen Öffnungstag. Der dritte und vierte Tag waren übrigens gleich voll: telefonisch oder online zu reservieren ist also dringend empfohlen. Man hat offenbar schon darauf gewartet, dass das Wirtshaus mit Geschichte nach über zweijähriger Pause wieder aufsperrt.

Die Renovierung des damals schon recht desolaten Gebäudekomplexes ist vorbildlich gelungen. Weiße Wände, Naturstein, Türen, Rahmen und Pawlatschen in Dunkelgrün: prachtvoll ohne Attitüde. Darüber, ob die pastellgrünen Herzerlstühle sein mussten, denke ich noch nach. Aber das Wirtshaus wird wohl ohnehin immer so voll sein, dass man sie nicht vollends sieht.

Man bleibt gern sitzen in einer der drei Stuben, so wie die Italienischen Stammgäste am Nebentisch, die vor lauter kulinarischer Glückseligkeit noch eine Flasche Champagner als Absacker genießen am Ende des Abends. Wirt, was willst du mehr!
Als Gast wünscht man sich, dass die beschrittene Richtung beibehalten wird, dass die Küche weiter so grandiose Saucen und Jus herauskocht und sich von der hohen Kompetenz bei der Zubereitung von allerlei traditionellen Fleischgerichten nicht zu weit entfernen wird – und außerdem angemessenere Preis bei den Vorspeisen und Zwischengerichten.

Fazit: Die Pichlmaiers sind jede Reise an den Stadtrand wert. Denn nur beim Gedanken an das fabelhafte Beuschl kann man nicht anders als zufrieden lächeln.

Schön Essen. Pichlmaiers Zum Herkner, Foto (c) Claudia Busser - kekinwien.at

Schön Essen. Pichlmaiers Zum Herkner, Foto (c) Claudia Busser – kekinwien.at

 

Pichlmaiers Zum Herkner

Dornbacherstraße 123, 1170 Wien
Tel.: +43 1 480 12 28
E-mail: pichlmaiers@zumherkner.at
web: www.zumherkner.at und www.facebook.com/zumherkner

Öffnungzeiten: Do bis Mo 11.00 – 24.00 Uhr, Küche von 11.30 – 22.00 Uhr durchgehend

Nichtraucherlokal (55 Plätze), wunderschöne alte Bretschneider-Schank, romantischer Innenhofgarten mit Pawlatschen auf zwei Ebenen (gesamt etwa 60 Plätze), zwei weitere Gasträume für große und kleine Gesellschaften im ersten Stock in Planung (80 plus 15 Personen), Toilette via Innenhof erreichbar.
Innenarchitekt: Peter Alexander Huber
Pächter: Werner Pichlmaier, Christiane und Martin Pichlmaier
Immobilie: Wolf-Dietrich Schneeweiß

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