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The Chapel

Wien hat seit dem Valentinstag – wie passend – eine (noch) wirklich geheime Bar.
Sie würde jeder Flüsterkneipe zur Ehre gereicht haben.
Wir waren vor der offiziellen Eröffnung, dem 15. März 2019 schon mal dort.
Man betritt ‚The Chapel‘ durch einen Beichtstuhl …

 

Katharina Esser, The Chapel, ein neues Speakeasy in Wien, Bild (c) kekinwien.at

Katharina Esser, Barchefin, The Chapel, ein neues Speakeasy in Wien, Bild (c) kekinwien.at

 

In den Vereinigten Staaten von Amerika meinte man von 1920 bis 1933 dem Alkoholkonsum, der Produktion und der Ausschank von Spirituosen Einhalt gebieten zu müssen. Der gewünschte Effekt der sogenannten Prohibition trat nicht ein. Im Gegenteil. Die Menschen gingen in den Untergrund und es gab den heutigen Drogenkriegen vergleichbare, kriminelle Entwicklungen.

Die versteckten Bars wurden damals Speakeasy genannt. Aber wir verdanken diesem Zeitabschnitt der Geschichte zumindest ein paar geniale Romane und Gangsterfilme. Ich sage nur Once Upon A Time In America.

Doch auch ohne Verbote rotten wir Menschen uns zum Vergnügen gern an geheimen und geheimnisvollen Ort zusammen. Cocktailbars und Clubs, bei denen man neben einer mehr oder weniger gut verborgenen Tür für den Einlass läuten muss, gibt es ein paar in unserer Stadt. Beispiele gefällig? Bitte:

Die neue heißt The Chapel

Unsere Reise geht in den 15. Bezirk, zu einem Lokal mit Geschichte. Das ehemalige „Mozartstüberl“ wurde 2016 von Franz Unterrainer, einem Gastroprofi mit Wurzeln in Tirol neu übernommen. In Anlehnung an den alten Namen heißt es jetzt „Mozart’s“. Die gut hundert Jahre alte Holzvertäfelung und das traditionelle Interieur wurden achtsam renoviert und erhalten. Mit den großteils jungen Menschen, die sich dort zum Beispiel den empfehlenswerten Weinschenke Burger gönnen, und vermutlich das eine oder andere Bier, ist das Gasthaus heute ein durchaus charmanter Ort.

Angeblich haben im Mozartstüberl früher Wiener Unterweltbosse verkehrt und Damen, die gegen Geld verkehrten. Auch gar nicht mehr lokale Größen wie Falco waren hier gern zu Gast, wie man hört. Warmes Essen gab’s damals bis 6 Uhr morgens und langweilig war’s sicher nie.

Was Letzteres betrifft, habe ich beim The Chapel keinerlei Sorge. Wir waren am 15. Februar 2019, also am Tag 1 zum Testen dort und wahrlich nicht allein. Nach ein paar Stunden wurde wegen des BesucherInnenandranges sogar noch eine weitere geheime Tür geöffnet … dazu später mehr.

 

Weinschenke Burger im Mozart's bzw im The Chapel, Bild (c) kekinwien.at

Weinschenke Burger im Mozart’s bzw. im The Chapel, Bild (c) kekinwien.at

 

Wir wollen in die Bar!

Natürlich kannst du im Wirtshaus an der Theke fragen, wo denn bitte die Bar ist. Oder du gehst ganz souverän nach links in Richtung Toiletten. Dort stehst du dann an bzw. gegenüber von einer dunkelgrünen Wand. Vor dir hängt ein großer, goldener Bilderrahmen. Noch ist er leer. Packe einfach den Rahmen und plötzlich: Tata! Hereinspaziert! Eine versteckte Tür öffnet sich in einen original Beichtstuhl hinein. Dort kannst du deinen Mantel loswerden  – das mit den Sünden ist so eine Sache – und die Kapelle andächtig betreten.

 

The Chapel, Katharina Esser, Barchefin, Daniel Schober, Konzept, Bild (c) kekinwien.at

The Chapel, Katharina Esser, Barchefin, Daniel Schober, Konzept, Bild (c) kekinwien.at

 

Hinter der Theke an den Shakern werkt die begabte Katharina Esser, vormals DIe Parfumerie, als Barchefin. Ihr werden viele Fans an diesen neuen Hotspot für Barflies folgen vermutlich. Außerdem im fixen Team ist Marco Simic (nicht in diesem Bild, sondern ganz unten bitte), ein gelernter Koch, der unter anderem auch für die Barsnacks verantwortlich zeichnen wird. Ich habe da etwas von „Pulled Tafelspitz“ läuten hören – das wird spannend.
Rechts im Bild oben siehst du außerdem Daniel „Dani“ Schober, der das stimmige Konzept erdacht hat und den Betrieb noch bis zur Eröffnung begleitet. Du kennst ihn als kreativen Geist und exzellenten Gastgeber zum Beispiel aus dem Kleinod Prunkstück oder Clandestino.

The Chapel, die Signature Drinks

So wie beim Ambiente gibt es auch in der vorläufigen Barkarte Anspielungen auf den Katholizismus. Die sind aber in keinster Weise beleidigend gemeint!

Zehn Drinks, die zehn Gebote zum Genuss sind. Die Madonna steht in ihrer Mauernische und blickt gnädig auf uns. Die Bar steht leicht erhöht wie auf einem Altar. Die Holzkonstruktion der Decke erinnert an ein Kirchenschiff. Das Holz der Wände ist geflammt und versiegelt – das gibt es in Wien sonst nur bei der Mochi Ramen Bar, wenn ich nicht irre. Der Samt der Sitzgelegenheiten ist Blau wie sonst der Mantel der Heilgen Mutter Maria.Theke, Lampen, Tische, Shaker leuchten im Halbdunkel in warmem Kupfer: sehr fesch und ausgesprochen gemütlich. Halleluja!

 

Eröffnungskarte von The Chapel, mit Logo und Siegel, Bild (c) kekinwien.at

Eröffnungskarte, Seite 2, The Chapel, Bidl (c) kekinwien.at

Eröffnungskarte, Seite 2, The Chapel, Bidl (c) kekinwien.at

 

Die Karte liest sich jedenfalls sehr amüsant – ein eingehendes Studium sei hiermit dringend empfohlen. Es gibt interessante Abwandlungen von Klassikern darauf zu entdecken. Die Preise sind einheitlich Euro 9,50 für alle Cocktails und Euro 4,00 für die Shots. Natürlich kann man auch sonst alles, was Gott und die Prohibition an Drinks verboten haben, bestellen.

Wenn man sich hier so umschaut und hört, konkret ziemlich coole Musik (Rap, Hip Hop) und angeregtes Geplaudere, dann fühlt sich The Chapel ganz nach einem multisensorischen, stimmigen Vergnügen an.

Wir haben verkostet:

  • Espresso Martini: Sicher einer der besten der Stadt, ausgewogen, weich, Bitterkeit und Süße schön in der Waage.
  • Thai Massage: Frisch, auch hier ein schönes Spiel der Geschmäcker und Aromen, ein bisschen Schärfe im Abgang, wirkt harmlos, trägt aber seinen Namen zurecht; guter Starter in den Abend.
    Apropos, wer sich dem Thema Cocktails erst annähert: Der „Pornstar“ mit Vanille und Passionsfrucht sieht nicht nur gut aus, er schmeckt sicher auch sehr vielen Menschen ausgezeichnet.
  • Red Hook: Definitiv „mein Drink“.
  • Salty Boulevard: Salz (hier in Form von Salzlake) vertieft den Geschmack. Ebenfalls ganz großes Kino.
  • Tiger Special: Überraschend angenehm, die Rote Rübe ist deutlich, drängt sich aber nicht vor. Nicht nur für Gemüseliebhaber top!

 

Red Hook, Thai Massage, Bild (c) kekinwien.at

Red Hook, Thai Massage, Bild (c) kekinwien.at

Salty Boulevard, Tiger, Special, Bild (c) kekinwien.at

Salty Boulevard, Tiger, Special, Bild (c) kekinwien.at

 

Ich würde ja möglichst bald hin gehen. Außerdem ist es ein schönes Schauspiel, wie die unterschiedlichsten Menschen im Laufe des Abends hereinströmen. Irgendwann wird es dann eng. Ist ja schließlich eine Kapelle und keine Kirche. Wer früh zu zweit kommt, kann sich außerdem den genialen Platz an der schmalen Seite der Bartheke sichern.

Und dann plötzlich, es ist wie ein Wunder, geht eine weitere geheime Tür auf: Ein zweites „Kirchenschiff“ in Holz, Kupfer, Blau, perfekt ausgeleuchtet empfängt die Gäste. Dort darf auch geraucht werden übrigens, denn rund um die Bartheke selbst ist der Raum angenehm rauchfrei. Vielleicht ein bisschen Weihrauch ab und an?

Fazit: Geile Bar. Gehet hin in Frieden!

 

 

The Chapel, Katharina Esser, Marco Simic, Bild (c) kekinwien.at

The Chapel, Katharina Esser, Marco Simic, Bild (c) kekinwien.at

 

The Chapel

Haidmannsgasse 8, 1150 Wien
Tel.: +43 1 8920878
web: https://www.facebook.com/The-Chapel-Bar-317690102189249/

Öffnungszeiten (vorläufig): Do bis Sa 20.00 – 4.00 Uhr
Öffnungszeiten (geplant): Mi bis Sa 20.00 – 4.00 Uhr

Offiziell geöffnet ab 16. März 2019, Eröffnungsfest am 15. März 2019 (Ich vermute mal nur mit Einladung – die Bar hat 49m²);
als Eventlocation mietbar, Nichtraucher- und Raucherbereich.
Die Bilder dieses Beitrages sind großteils von Anna Wolle und alle (c) kekinwien.at. Tausend Dank!

 

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