Figaro oder ein toller Schnitt
Sommertheater mitten in Wien. Wir waren bei der Generalprobe am 12. Juli 2017 …
Theater im Zelt hat Charme. Die Abhängigkeit vom Wetter bleibt, denn bei längerem Starkregen muss am Hof unterbrochen werden, da wird es einfach zu laut. Das Problem mit der Hitze des Sommers hat man allerdings durch die neuen Lüftungsklappen im Griff. Was noch verbesserungswürdig ist, geht es nach pia und mir: die Sitzpolster. Die Stuhlreihen sind angenehm weit auseinander und man würde kaum glauben, dass rund 400 Menschen im hübschen Rund Platz finden. Aber das Pölsterchen auf dem Holzstühlen war für uns beide einfach zu dünn. Obwohl wir jede mehr als „40 Kilo als a Nasser“ haben, tat uns nach einer Weile trotz menschenfreundlicher Länge des Stücks samt Pause der Podex weh. Aber Luxusproblem, eh klar.

Wiener Lustspielhaus, Foto (c) Andrea Pickl – kekinwien.at
Figaro, Klassiker im neuen Gewand
Worum es geht? Also über die „Vorlage“ findet man in Wikipedia folgendes: “ ‚Der tolle Tag oder Die Hochzeit des Figaro‘, im französischen Original ‚La folle journée ou le Mariage de Figaro‘ aus dem Jahre 1778 ist ein Theaterstück in fünf Akten von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, das als Vorlage für die Oper ‚Die Hochzeit des Figaro‘ von Wolfgang Amadeus Mozart diente. Es konnte nach mehrjähriger Zensur am 27. April 1784 im Pariser Théâtre National de l’Odéon uraufgeführt werden.“
Zensur gibt es bei uns Gottseidank nicht mehr. Den kurzweiligen Inhalt hat in bewährter Weise der wunderbare Autor Max Gruber ins Heute geholt. Was aber beides nichts an Untreue, Intrigen, Geheimniskrämerei und den Irrungen und Wirrungen in den verbotenen und erlaubten Liebesbeziehungen ändert. Die website des Lustspielhauses stellt das so dar:
„Schauplatz ist die erfolgreiche Schönheits-Klinik Almaviva, geführt vom notorischen, aber etwas in die Jahre gekommenen, Schwerenöter Dr. Graf (Adi Hirschal) und dessen Ehefrau Rosalie, genannt ‚Die Gräfin‘ (Sabine Muhar). Dr. Grafs Interesse an seiner Gattin ist im Abnehmen. Wie unbedacht, wo doch die Existenz der Klinik am finanziellen Tropf von Rosalies Vermögen hängt.
Es drängen der karrierebewusste Haarkünstler und Starcoiffeur Figaro (Gottfried Neuner) und seine attraktive Verlobte Susanna (Jennifer Newrkla), die rechte Hand von Rosalie, ins Imperium des Dr. Graf. Ohne besonders ausgeprägten Realitätssinn ist Figaro dennoch sympathisch und platzt vor Phantasie. Sein Motto lautet: ‚Ich bin berühmt! Nur – keiner weiß es!‘.
Der junge, attraktive Chirurg, Dr. Angelo Cherubino (BorisPopovic), übertrifft mit seiner ausgeprägten Libido sogar Dr. Graf und sorgt als Spielfigur manch weiblicher Intrige für entsprechende Verwirrung. (…) Aus den Tiefen der Vergangenheit auftauchend verfolgt die rätselhafte Punk Lady Marcella (Gisela Salcher) ihre eigenen, undurchsichtigen Pläne. Einzig und allein Anton, der gütige Gärtner, genannt ‚Onkel Toni‘ (Peter Lodynski), versucht Ruhe und Ordnung in dieses Tollhaus der Liebe zu bringen.“

Die Bretter, die die Welt bedeuten, Figaro, Sommertheater im Wiener Lustspielhaus, Foto (c) Andrea Pickl
„Eine Heirat ist ein schwerer Eingriff ins Privatleben.“
Solche und andere fesche Bonmots legt Max Gruber im „Figaro“ Dr. Graf in den Mund. Oder „Froh ist, wer sich gefällt.“, was im Hause eines Schönheitschirurgen eine besondere Note bekommt. Hirschal in Kostüm und Maske erinnerte uns dramatisch an Sigmund Freud bis fast zur Pause, was uns doch ein ganz klein wenig irritierte. Bei dem hat man sich schließlich aus anderen Gründen auf die Couch gelegt als im Liebesnest des Beautydocs! Aber danach, als das Stück zusehends Fahrt aufnahm und in ein lustiges Finale furioso gipfelte, waren wird schon hingerissen.
Bei der Generalprobe war das Timing noch nicht ganz perfekt, wodurch einige schöne Wortspielereien und kluge Witze nicht vollends zur Geltung kamen. Nicht alle singenden Schauspieler trafen bei den musikalischen Einlagen haarscharf den Ton, aber amüsant und kurzweilig waren die locker eingestreuten Musikstücken, die auch die Mozartoper zitieren, allemal. Aber dafür gibt es sie ja, die Generalprobe.
Fazit: Lustvoll und lustig geht es zu im neuen „Figaro“ im Lustspieltheater am Hof. Und wenn sich jetzt noch die Spielfreude des Ensembles voll entfaltet, steht einem rundum vergnüglichen Sommerabend nichts mehr im Wege.

Wiener Lustspielhaus, Figaro, Programmhefte, Foto (c) Andrea Pickl – kekinwien.at
Figaro oder ein toller Schnitt
Wiener Lustspielhaus
Am Hof, 1010 Wien
E-mail: office@wienerlustspielhaus.at
web: www.wienerlustspielhaus.at
Kassaöffnungszeiten: Di bis Sa 15.00 – 20.00 Uhr (hier nur Barzahlung möglich!)
Ticketpreise: 15,00 bis 40,00 Euro
Beginn: jeweils 20.00 Uhr, Dauer bis ca. 22.15 Uhr, eine Pause
Figaro: noch bis 2. September 2017
Gastprogramme: ab 17. Juli 2017
Besetzung und Stab:
- Dr. Graf: Adi Hirschal
- Rosalie Graf, genannt „Die Gräfin“: Sabine Muhar
- Susanna: Jennifer Newrkla
- Figaro: Gottfried Neuner
- Marcella: Gisela Salcher
- Dr. Angelo Cherubino: Boris Alexander Popovic
- Anton, genannt „Onkel Toni“: Peter Lodynski
- Barbarina, genannt „Babsi“: Bernadette Kizik
- Regie: Adi Hirschal
- Autor: Max Gruber
- Musikalische Leitung: Thomas Mahn
- Choreografie: Ferdinando Chefalo
- Kostüme: Maddalena Hirschal
- Bühne: Eduard Neversal
- Maske: Zoe Marvie