Renate Bertlmann: amo ergo sum, Verbund

„Amo ergo sum“  Ich liebe, also bin ich.
Also:
„Carpe diem“ und ab in die Sammlung Verbund zur großartigen Renate Bertlmann Retrospektive. 

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mir Renate Bertlmann bis dato nur ein vager Begriff war. Wie konnte mir diese wunderbare Künstlerin so lange entgehen?

Die Sammlung Verbund, die ihren Schwerpunkt auf die feministische Avantgarde der 1970er Jahre gelegt hat, zeigt unter dem Titel „Amo ergo sum“ nun Werke aus dem 50-jährigen Schaffen der Künstlerin. Breit und abwechslungsreich ist ihr Oeuvre: Installationen, Zeichnungen, Fotografie, Objekte und Filme hält die Ausstellung bereit.

Gegensätze ziehen einander an?

Zentrale Themen der Arbeiten sind Pornografie, Ironie und Utopie.
Gern spielt die Künstlerin dabei mit Gegensätzen. Weiblich – männlich, hart und weich, Anziehung und Abstoßung und auch mit diversen Materialien wie Latex, Textilien und Kunststofffolien. Sie bringt Dinge in Zusammenhang, die scheinbar unvereinbar sind. Schnuller und Brüste stehen etwa Messern und Skalpellen gegenüber.

Renate Bertlmann " Waschtag", Foto Andrea Pickl - kekinwien.at

Renate Bertlmann “ Waschtag“, Foto Andrea Pickl – kekinwien.at

Haut, Braut und Rollstuhl

Drei Motive ziehen sich durch Renate Bertlmanns Arbeiten: Die Haut, die Braut und der Rollstuhl.

Die Haut ist unser Schutz nach außen, sie grenzt uns gegen die Umgebung ab. In der Installation  „Waschtag“ lässt  uns die Künstlerin quasi Fühlen und Tasten: eine Wäscheleine mit Häuten, Schnullern, Nabelschnüren, alle aus Latex.

Das Motiv der Braut taucht oft auf. Eine Kritik mitunter an der Reduzierung der Frau auf die Rolle der Mutter, der Ehefrau und Hausfrau. Immer wieder wird einem klar, dass die Werke mit einer guten Portion Ironie gespickt sind.

Ein Stück von Thomas Bernhard inspirierte Renate Bertlmann dazu, sich mit dem Thema Rollstuhl auseinander zu setzen. Es entstanden Zeichnungen und Plexiglasrollstühle.

 

Renate Bertlmann "Brautstrauß", Foto Andrea Pickl - kekinwien.at

Renate Bertlmann „Brautstrauß“, Foto Andrea Pickl – kekinwien.at

Renate Bertlmann "Patronengürtel", Foto (c) Andrea Pickl - kekinwien.at

Renate Bertlmann „Patronengürtel“, Foto (c) Andrea Pickl – kekinwien.at

Liest man diverse Interviews der Künstlerin nach, erfährt man, dass ihre Arbeiten oft diffamiert und kritisiert wurden, weil vielfach einfach missverstanden.

„Weil ich auch viele phallische ‚Karikaturen‘ gemacht habe, wurde ich von den Männern diffamiert. Zwanzig Jahre lang hörte ich aus verschiedensten Ecken, ich sei eine Psychopathin, gestört, transportiere Männerhass usw. Man weigerte sich, die Ironie dahinter zu verstehen. Das ist nachvollziehbar, weil es nicht leicht zu verkraften ist, wenn ich mich so über ihr bestes Stück lustig mache. Das verkraften nur die, die wirklich eine reife Sexualität haben.“ (Interview Standard)

 

Renate Bertlmann " Urvagina", Foto (c) Andrea Pickl - kekinwien.a

Renate Bertlmann “ Urvagina“, Foto (c) Andrea Pickl – kekinwien.at


Die Arbeiten von Renate Bertlmann müssen gesehen werden
.

Stark, kraftvoll, großartig.
Die gelungene Führung in der Sammlung Verbund gibt einen wunderbaren Einblick in das Oeuvre der Künstlerin und lässt mich völlig beglückt und enthusiasmiert zurück.
So muss Kunst!

 

Renate Bertlmann  „Amo ergo sum“
Ein subversives Politprogramm

Sammlung Verbund
Vertikale Galerie in der Verbund Zentrale
Am Hof 6A, 1010 Wien
Tel.: +43 1 50313 50044
E-mail: sammlung@verbund.com
web: www.verbund.com/kt/de/programm

Die Ausstellung läuft seit 25. Februar und noch bis zum 30. Juni 2016!

Kuratorin: Gabriele Schor
Führung: jeden Mittwoch um 18.00 Uhr, gratis, um Anmeldung wird gebeten.
Eintritt frei!
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