Liberace, FilmplakatFür Liberace, den neuen Film von Steven Soderbergh, wird Michael Douglas als heißer Kandidat für einen Oscar gehandelt – den Emmy hat er schon.
Nicht heiß genug.
Matt Damon is the man!

Scott Thorson (Matt Damon) wohnt in den 1970ern noch bei seinen liebevollen Pflegeeltern auf dem Land. Er ist gut gebaut, hat Haut wie Porzellan und die richtige Fönwelle – ein echte Leckerbissen. Abends treibt er sich ab und an in Schwulenbars herum und wird dort von Bob (Scott Bakula) aufgerissen.

Seine Familie beäugt den neuen Freund mit Argwohn.
Bob führt Scott in die Glitzerwelt von Las Vegas ein. Er stellt ihm den schnellsten Pianisten der Welt, den Entertainer Liberace (Michael Douglas) vor. Schnell ist Scott vom weltgewandten, schillernden Verführer fasziniert.
Er verlässt schließlich sein Zuhause und zieht zu Liberace in eines seiner opulent ausgestatteten Anwesen. Zunächst scheint er nur ein weiterer Toyboy des alternden Bühnenprofis zu sein, aber die Beziehung der beiden entwickelt sich …

Für mich als Europäerin ist Liberace eine Art Richard Kleidermann in Strass mit zu viel Make Up, als Künstler wenig interessant, als Kunstfigur und Persönlichkeit am ehesten begreifbar aus der persönlichen Geschichte mit einer dominanten Mutter (Debbie Reynolds), die ihn schon als Volksschüler sechs Stunden täglich Klavierspielen ließ.
Spannend wird er als sexsüchtiger Casanova in seiner grenzenlosen Unbescheidenheit, als obsessiver Partner, Genussmensch, Marketinggenie, durch seinen Charme trotz allem und in seiner Wirkung auf Scott.

Ein großes Lob gebührt den Ausstattern und dem Team der MaskenbildnerInnen, die Unglaubliches geleistet haben.
Den Location Scouts nicht minder: Liberaces Anwesen in Las Vegas ist zum Beispiel tatsächlich das Haus von Zsa Gabor und Frédéric von Anhalt in Los Angeles. Ja, so will tatsächlich jemand wohnen!
Nicht zu vergessen die Caster: großartige Darsteller bis in die kleinste Nebenrolle. Man achte auf Dan Aykroyd als Manager Seymour Heller oder Rob Lowe als Dr. Jack Startz, eine besonders schöne Karikatur der Beauty Docs in Kalifornien – er sorgt für einige der Lacher.

Warum Douglas keinen Oscar kriegen sollte?
Ich habe ihm die Homosexualität in keiner Sekunde abgekauft. Die Sexsucht, die Verliebtheit, die Maßlosigkeit, die Obsession: ja. Man verfällt ihm und wundert sich darüber.
Aber dass er auf Scott abfährt, glaubt man ihm einfach nicht.

Ganz anders Damon!
Seine Darstellung des Scott Thorson reicht in ihrer Qualität an die Leistung von Heath Ledger in Broke Back Mountain heran.
Er ist der empathische Hundetrainer, das naive Land-Ei, die gekränkte „Ehefrau“, der kokainsüchtiger Neureiche der frühen 1980er. Er ist ein schwuler, liebende Mann. (Für jemanden wie mich, der ihn gerade in Elysium gesehen hat, noch beeidruckender.)

„And the Oscar goes to …“ wird es aber nur heißen, falls der Film in den USA doch noch in die Kinos kommt.
Produziert wurde Liberace nämlich vom Fernsehsender HBO – für’s Fernsehen.
Soderbergh konnte niemanden finden, der den Film in die Kinos bringen wollte. „Nobody would make it, we went to everybody in town. They all said it was ‚too gay‘. And this is after Brokeback Mountain, by the way, which is not as funny as this movie. I was stunned. It made no sense to any of us.“ (Steven Soderbergh. Man wundert sich nicht mehr, dass er im Moment eine Auszeit nimmt.)

Unterm Strich ein sehr guter Film mit herausragenden Darstellern.
Kein Preis in Cannes, aber einen Kinobesuch auf alle Fälle lohnend.
Für Liebhaber ungewöhnlicher, berührender Liebesgeschichten.

Danach sollte man eigentlich nach Vegas fliegen, kann seinen Martini aber auch hier in einer Bar schlürfen, im Puff wegen des Interieurs oder im Motto in der Schönbrunnerstraße wegen dem ganzen Rest. Da Liberace in Wirklichkeit auch ein exzessiver Raucher war, ist eine Zigarette zum Cocktail passend.

 

 

Liberace – zu viel des Guten ist wundervoll
Behind the Candelabra

2013, USA, 118min
Drehbuch: Richard LaGravenese
Regie: Steven Soderbergh
mit Michael Douglas, Matt Damon, Dan Akroyd, Scott Bakula, Debbie Reynolds, Rob Lowe, …
FSK: noch offen.
(Es gibt Sexszenen, Drogenkonsum, es geht um Diskriminierung Homosexueller und schließlich AIDS – unter 12 Jahren wohl nicht sinnvoll und auf alle Fälle in Begleitung für die Gespräche im Anschluss.)

Der Film startet am 18. Oktober 2013 in den Wiener Kinos.

ein besonderes Vergnügen

 

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