Unruhe der Form. Entwürfe des Politischen Subjekts ist ein Ausstellungsparcours der Wiener Festwochen, der Secession und der Akademie der bildenden Künste in Kooperation mit dem Museums Quartier Wien.
Das über alle Maßen ambitionierte Programm ist bis 16. Juni 2013 täglich außer an Montagen konsumierbar.
Dem Titel wird man wahrlich gerecht, dem Subtitel im Kontext Politik weniger.
Die Hundertschaft der zur Presseführung erschienenen JournalistInnen stöhnte angesichts der Anforderungen des Parcours nicht nur ein Mal.
Hundert zeitgenössische Positionen internationaler Künstler galt es an drei verschiedenen Orten aufzuspüren, zu verstehen und für die geneigten Leser zu bewerten.
Ohne das Begleitbuch, den Ausstellungssguide, in dem die einzelnen Werke beschrieben sind, ist man aufgeschmissen!
Objektbeschriftungen gibt es keine. Nur Ziffern. Wiedereinmal.
Die KuratorInnen der Ausstellungen habe es sich nicht leicht gemacht.
Aber uns Rezeptoren auch nicht.
Bildende und darstellende Kunst verzahnen sich ineinander, Installation wird Performance, Theaterstück wird Multimediaspecatculum: die Kunstformen liefern einander gegenseitig Projektionen und dringen in die definierten Räume der jeweils anderen ein.
Das ist nicht neu, aber immer noch spannend.
Politisch relevant ist es manchmal. Und wenn es keine deutlich politische Aussagen des Kunstwerks gibt, zerren sie die Kuratoren entweder plakativ hervor oder an den Haaren herbei.
Verziehen, sie haben wohl zu viel gewollt.
Insgesamt spiegelt der Parcours mit all seinen begleitenden Führungen, Vermittlungsprogrammen, Lectures, Performaces, Lesungen, Gesprächen Dokumentarfilmschauen und Parties wider, was kekinwien schon des längeren beobachtet: KuratorInnen vertrauen immer weniger dem einzelnen Werk und stellen immer dichtere, umfangreichere Programme zusammen.
Kein Wirken des Werks, sondern Wirkung der monströsen Vielfalt.
Die Quantität bekommt eine philosophisch-wissenschaftliche Idee übergestülpt, die der Laie ohne Hilfestellung oft nicht verstehen kann. Und einführende Texte an Wänden oder Werkbeschreibungen neben dem Kunstwerk sind völlig aus der Mode.
Wird vergessen, dass Kunst im Betrachter entsteht?
Macht man Ausstellung nicht für ein Publikum?
Wo bleibt die Inszenierung?
Also, wie funktioniert der Parcours de facto? Eine Gebrauchsanweisung.
Zeitgenössische bildende und darstellende Künstler waren eingeladen die Kunst als politischen Imagination wieder zu entdecken.
Die Ergebnisse dieses Nachdenkens sind täglich außer montags an den drei Ausstellungsorten in Fußwegdistanz erlebbar:
Secession, xhibit und freiraum quartier 21 – in dieser Reihenfolge.
Den Parcous-Pass erhält man regulär für Euro 8,50 auch an den Tageskassen der Wiener Festwochen und an der Kasse der Secession. Der Pass ermöglicht den freien Eintritt an zwei frei wählbaren Tagen, die Karten für die Performances erhält damit man deutlich ermäßigt.
So weit, so einfach.
Vorschlag:
Man beginnt in der Secession, deren Kellerräume mit der legendären Bar seit Jahren wieder für das Publikum geöffnet sind.
Es ist ein bisschen so wie 1903 bei der Vorstellung des Beethovenfries‘. Zwei Stunden kann man einplanen, was es zu sehen gibt wird in den nächsten Tagen hier genauer zu lesen sein. Dann kleine Stärkung im Festwochengarten hinter dem Gebäude umspült vom Verkehr der Zweierlinie mit der Musik von Superfly. Und wenn es gerade Donnerstag oder Samstag nach 17.00 Uhr ist, bleibt man einfach da, auch wegen der DJ Line.
Am anderen Tagen spaziert man hinüber zur Akademie.
Ein Blick in die heiligen Hallen im Erdgeschoss lohnt. Ein schöner Schauer jedes Mal, wenn man nur die Decke betrachtet. Dann den roten Pfeilen folgend hinauf zu den Räumen von xhibit, die für Unruhe der Form massiv umgestaltet wurden.
Dass ein Rigisplattenhersteller hier Sponsor ist, merkt man. Das hat manche gestört. Mich nicht. Vor allem nicht, weil das Innenleben der geschaffenen Räume sehenswert ist und berührend. Ich war eine Stunde lang dort.
Dringende Empfehlung für diesen Teil des Parcours! Auch dazu demnächst mehr.
Im freiraum quartier 21 ist dann neben der Ausstellung Raum für die Performances und Interventionen von Group P aus Istanbul. Schon wieder Istanbul.
„Go Get Them Tiger!“ reflektiert witzig und provokant die ökonomischen und sozialen Bedingungen des Kunstsystems und die oft prekäre Situation der Künstler.
Eine Teilnahme zahlt sich definitiv aus!
Außerdem finden im freiraum zahlreiche Künstlergespräche statt, zum Beispiel Martin Kušej/ Wolfgang Kralicek am 2. Juni um 17.00 Uhr.
Angesichts des Umfangs des Parcours genießt man leichter bei einem der Vermittlungsprogramme, die wir im Anhang aufgelistet haben. Das genaue Studium des Veranstaltungskalenders zahlt sich aus, manches ist nur temporär, vieles einmalig.
Fazit: „Schaun‘ Sie sich das an!“ (K. Farkas), aber eher nicht ohne Führung.
Unruhe der Form. Entwürfe des Politischen Subjekts
Festwochen-Service Telefon: 01 / 589 22 22
E-mail: festwochen@festwochen.at
website: www.festwochen.at
Ausstellungsdauer: 11. Mai bis 16. Juni 2013
Öffnungszeiten: Di bis So 11.00 – 18.00 Uhr
Parcous Pass: regulär Euro 8,50
Führungen und Vermittlungsprogramme:
Secession: jeden Sa um 15.00 Uhr und jeden So um 11.00 Uhr, eine Stunde.
Kunstvermittler stehen in der Secession kostenfrei für Fragen zur Verfügung: jeden Sa 11.30 – 14.30 Uhr und So 12.00 – 14.00 Uhr.
Schwerpunktführung in der Secession: jeden Do 16.00 Uhr und So 10.00 Uhr, Euro 1,50, eine Stunde.
„Große Runde“ durch alle drei Ausstellungsorte, vorab zu buchen, maximal 20 Personen, zwei Stunden, gesamt Euro 55,00.
Führungen buchbar unter: kunstvermittlung@secession.at und unter 01 / 587 53 07 – 11.
Festwochen jugendfrei: Spezielles Programm für Jugendliche ab 16 Jahren unter: jugendfrei@festwochen.at.
In der Secession stehen außerdem auch Audioguides zur Verfügung.
Secession
Friedrichsstraße 12, 1010 Wien
Tel.: 01 / 587 53 07-34
E-mail: office@secession.at
website: www.secession.at
Akademie der bildenden Künste
Schillerplatz 3, 1010 Wien
Tel.: 01 / 58816-0
E-mail: info@akbil.ac.at
website: www.akbil.ac.at
freiraum quartier 21 / MuseumsQuartier
Museumsplatz 1, 1070 Wien
Tel.: 01 / 523 58 81
E-mail: office@mqw.at
website: www.mqw.at
KünstlerInnen:
Secession: Thomas Arzt, Neïl Beloufa, Banu Cennetoğlu, Carola Dertnig, Jimmie Durham, Gustav Ernst, Antonio Fian, Heinz Frank, Franzobel, Dora García, Thomas Glavinic, Dmitri Gutov, Hannah Hurtzig, Schorsch Kamerun, Hassan Khan, Július Koller, Chris Kondek, KwieKulik, Henrik Olesen, Boris Ondreička, Yasemin Özcan, Ewald Palmetshofer, Judith Nika Pfeifer, Ad Reinhard, David Riff, Kathrin Röggla, Ferdinand Schmatz, Franz Schuh, Tino Sehgal, Akira Takayama, Vladimir Tatlin, Tris Vonna-Michell, Jeronimo Voss, Tanja Widmann
Akademie der bildenden Künste Wien: Keti Chukhrov, Tim Crouch, Cordula Daus, Barbara Ehnes, Tim Etchells, Mapa Teatro, Rabih Mroué, Marina Naprushkina, Johannes Porsch, Milo Rau, Akira Takayama
freiraum quartier21/MuseumsQuartier: Brad Butler und Karen Mirza, Cordula Daus, Tim Etchells, Group P / Volkan Aslan, Group P / Antonio Cosentino, Group P / Burak Delier, Group P / Elmas Deniz, Group P / Süreyyya Evren, Group P / İnci Furni, Group P / Mustafa Erdem Özler, Group P / İz Öztat, Group P / Dilek Winchester, Anna Jermolaeva, Kate McIntosh, Ontroerend Goed, Nuno Ramos, Navin Rawanchaikul, Pedro Romero, János Sugár, Miguel Ventura, Wu Wenguang
KuratorInnen: Karl Baratta, Stefanie Carp, Matthias Pees, Hedwig Saxenhuber, Georg Schöllhammer
mischa reska
Danke für diesen ersten Überblick, ist ja wirklich nicht so leicht durchschaubar. Warte gespannt auf die Details was da lohnend sein könnte!