p1699450600Auf den neuen Film von Godard, Fellini oder noch David Lynch und Wong Kar Wai hat eine eingeschworen Gemeinde schon immer richtig gewartet. Vor einem knappen halben Jahrhundert herrschte Einigkeit, was es abseits des ‘Mainstream‘, den man damals vielleicht ‘Berieslung’ nannte, an Filmen, Büchern, LPs etc. zu sehen, lesen und hören galt.

Heute ist die globale Kulturwelt unübersichtlicher, man orientiert sich an internationalen Festivalgewinnern: Pieta – Goldener Löwe in Venedig. Aber auch davon finden nur einige ein breites Publikum.

Manche Filme ‘funktionieren’ dann doch wieder nur in den Ländern, aus denen sie kommen, wie Kim Ki-duks ‚Pieta‘, der in Korea der meist gesehene Film aller Zeiten ist.

Die Kritik ist gespalten. Vielfach lautet der Vorwurf er sein zu gewalttätig.
Aber jeder Film des US – Kinos, dessen Genre es nur irgendwie zulässt, wird mit mehr sinnloser Gewalt aufgefüllt.
‘Pieta’ ist, wie Kim Ki-duk sagt, nur mit diesem großen Ausmaß an Grausamkeit und Liebe denkbar. Für mich funktioniert die Geschichte wie ein Märchen und diese erzählen ja auch von den absoluten Tiefen unserer Seelen.

Wie hätte dieser Film ‘europäisch’ ausgesehen, wenn Kim Ki-duk ihn – wie angedacht – mit Isabelle Huppert statt der Koreanerin Cho Min-soo als Hauptdarstellerin realisiert hätte?
Erkennt man an dem gekonnten Spiel mit Licht und Schatten, der Vorliebe für leuchtendes Rot und Blau schon den Asiaten?

Schauplatz des Films sind die schmutzig braunen Ränder von Seoul – wo uns sonst diese Stadt doch gerne als blinkend, blitzendes kapitalistisches Paradebeispiel gezeigt wird. Die Faszination für Maschinen teilt Kim Ki-duk mit manch anderen heutigen Filmemachern, die das Mechanische am Film nach wie vor fasziniert. Aus den kleinteiligen, mit Material überfüllten Handwerksbetrieben lassen sich unglaublich schöne Bilder bauen, auch wenn die Orte noch so armselig sind. Im Elend dieser Ein-Mann-Betriebe, denen es das heutige System nicht mehr erlaubt ihre Familien zu ernähren, liegt der Ausgangspunkt der Handlung.

Eine Empfehlung für alle, die ein Kino aus präzise gebauten, großartigen Bildern lieben, die dicht verwoben werden. Hier sollte man sagen verstrickt, denn die Mutterfigur strickt an einem letztlich mythischen Pullover, für den mehr als alles geliebten Sohn.
Eine tiefgehende Geschichte und, wie bei viele Märchen, gibt es kein ‘Happy End’.

Danach geht man am besten ins Stammlokal, trifft die, die man dort immer trifft und hat vielleicht plötzlich ein anderes Gesprächsthema.
Denn der Film setzt sich ganz von selbst und die Bilder werden bleiben.

Pieta
2012, KR, 104 min
Drehbuch: Kim Ki-duk
Kamer: Jo Yeong-jik
Schnitt: Kim Ki-duk
Musik: Park In-young
mit Cho Min-soo, Lee Jeong-jin, Woo Gi-hong, Kang Eun-jin, Jo Jae-ryong, Lee Myung-ja, Heo Joon-seok, u.a.
FSK 16 Jahre

Auszeichnungen:
Dubai IFF 2012 – Muhr AsiaAfrica Award
Venice Film Festival 2012 – Golden Lion, Golden Mouse, Little Golden Lion, Nazareno Taddei Award
Satellite Awards 2012 – Best Motion Picture
Grand Bell Awards, South Korea 2012 – Best Actress
Asia Pacific Screen Awards 2012 – Jury Grand Prize

Pieta ist auf blu-ray und DVD erhältlich.

 

überdurchschnittlich

 

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