Leider, ganz selten, passiert es im Kino, dass das Publikum nach der letzten Szene nicht wie von der Tarantel gestochen aufspringt und den Kinosaal verlässt.
12 Years a Slave
Das Publikum bleibt ergriffen sitzen.
Basierend auf einer wahren Geschichte aus dem Jahr 1841 erzählt der Film von Solomon Northrup (Chiwetel Eijofor), einem freien Mann,Violinspieler, Familienvater und Ehemann, der über Nacht gekidnappt und als Sklave verkauft wird.
Eine zwölfjährige Tortour und Odyssee als Sklave nimmt ihren Lauf.
„I don’t want to survive, I want to live.“ (Solomon Northrup)
Nicht erst seit 12 Years a Slave zählt der Allroundkünstler Steve McQueen zu meinen absoluten Lieblingsregisseuren. Seine Filme berühren und faszinieren mich. Trotz einer gewissen Radikalität und „Brutalität“ haben sie fast immer auch etwas sehr Poetisches. Er lässt mich jedes Mal im Kinosaal staunend zurück.
„Es sind physische Filme, in denen die Kamera manchmal wie ein Sparringpartner wirkt, der den Figuren zu Leibe rückt.“ (die Zeit)
Die long takes sind auch in 12 Years a Slave ein besonderes Zuckerl: minutenlang eine Nahaufnahme – großartig!
Manchmal allerdings auch für die eigenen Nerven grenzwertig. Eine der intensivsten Szenen ist sicherlich die vier Minuten lange Auspeitschszene Patsys.
Ein Kommentar zum Cast? Ja, sie spielen alle mit:
Chiwetel Eijofor (großartig als Solomon Northrup und zu Recht oscarnominiert), Michael K. Williams (Robert), Michael Fassbender (Edwin Ebbs), Benedict Cumberbatch (Plantagenbesitzer William Ford), Brad Pitt (als kanadischer Gegner der Sklaverei, Samuel Bass, der Solomon aus seiner Hölle befreien wird).
Das cineastisches Dreamteam Steve McQueen und Michael Fassbender – es ist nach Shame und Hunger bereits die dritte Zusammenarbeit der beiden – enttäuscht auch dieses Mal nicht.
Auch wenn Fassbender „nur“ in einer Nebenrolle zu sehen ist.
Meinen keken Oscar vergebe ich an ihn für seine Rolle als grausamer, einfältiger Baumwollplantagenbesitzer und Sklavenbrecher Ebbs, der mit seinen eigenen Gefühlen nicht umgehen kann. Schlicht atemberaubend.
Je wahnsinniger die Figur, desto besser Michael Fassbender.
Sein Mienenspiel in den Close Ups ist ein Genuss. Man schaut ihm ins Gesicht und weiß, was er denkt. Er sagt über seine Rolle: „He is a lost soul. He is eaten up by his love affair with Patsy, he doesn’t have the intellect and equipment to process this emotion he has for this girl and so he sets about destroying her and trying destroying that feeling he has for her.“
Der Film wurde zu Recht mit Preisen überschüttet und ist in neun Kategorien oscarnominiert, darunter „Bester Film“, „Bester Haupt- und Nebendarsteller“.
Ein Must see!
Für Freunde wahrer Filmkunst.
Danach tief durchatmen und noch eine Minute länger im Kinosessel sitzen bleiben.
12 Years a Slave
2013, USA, 134 min
Drehbuch: John Ridley, Salomon Northup
Regie: Steve McQueen
mit Chiwetel Eijofor, Michael K. Williams, Michael Fassbender, Benedict Cumberbatch,
Brad Pitt, …
FSK 12 Jahre
Der Südstaatenakzent in der Originalfassung ist eine echte Herausforderung.
Der Film läuft im Moment in vielen Wiener Kinos.